Adipositas und brutalst mögliches Amtsdeutsch
Geschrieben am 17. Dezember 2010 von KPBaumgardt
Wenn eine Adipositas-Gesellschaft tagt, sitzen lauter Dicke beisammen und tagen. Die Leitlinien der Gesellschaft sind dann auch fett, oder lang, oder beides. Normalsterbliche werden krank, wenn sie die Leitlinien der Gesellschaft lesen, die Gesellschaft braucht Leitlinien, um Kompetenz zu beweisen, zu demonstrieren. Dicke, die abnehmen wollen haben von der Veranstaltung keinen Vorteil:
Die Tatsache, daß zahlreiche verschiedene Gene das Körpergewicht und die Pathogenese von Adipositas beeinflussen, macht ihre Identifizierung sehr schwierig.
Ja nun: Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms brauchen wir ja vielleicht gar nicht, jedenfalls heute nicht, denn die Frage: "Was wäre, wenn wir wüssten, was genetisch die Adipositas begünstigt?" führt ja wiederum nur zu hypothetischen Antworten, nicht zu Lösungen im hier und jetzt. Das Gen zu kennen, das die Augenfarbe festlegt, ändert ja immer noch nichts an der Augenfarbe…
Dieser polygene Vererbungsmodus ähnelt der genetischen Konstellation bei anderen Komponenten des metabolischen Syndroms, wie Diabetes mellitus Typ 2, Dyslipoproteinämie und arterieller Hypertonie.
Das sind aber schon wieder ganz andere, wenn auch verwandte Themen: Streng genommen eine unzulässige Abschweifung…
Statt einem einfachen Mendelschen Erbgang zu folgen, scheint die genetische Prädisposition für diese Zivilisationserkrankungen aus der Addition verschiedener sogenannter Suszeptibilitätsallele zu resultieren.
Aha! Sogenannte Suszeptibilitätsallele. Klar, verstanden 😉 : Wenn man etwas mehr wüsste, könnte man wissen, wen es trifft, und das wäre dann genetisch bedingt.
Keine dieser genetischen Varianten ist alleine für die Ausprägung des jeweiligen Phänotyps ausreichend oder notwendig, sondern erhöht lediglich das Risiko der Erkrankung.
Also, es geht immer noch um Theorie…
Und jetzt kommen noch die Mutationen, mit denen wir eigentlich mehrheitlich nichts zu tun haben: Das ist nur der Vollständigkeit halber, und beweist noch mal, dass wirklich Vererbung im Spiel sein kann:
Seltene Ausnahmen hiervon stellen einige Formen syndromaler Adipositas dar, die auf der Mutation eines einzelnen Gens oder einer Chromosomenaberration beruhen. Häufigstes Beispiel ist mit einer Prävalenz von zirka 1:25.000 das Prader-Willi-Syndrom, welches eine schwere, stammbetonte Adipositas bei massiver Hyperphagie sowie Kleinwuchs, Intelligenzminderung und einen hypogonadotropen Hypogonadismus umfaßt.
Ganz klar: Hier geht es um Sonderfälle, die eigentlich nicht von allgemeiner Bedeutung sind. Deshalb heißen sie ja auch "syndromale Formen". Obwohl, mit so etwas sollte man ja nicht spaßen…
Keines der an den verschiedenen syndromalen Formen beteiligten Gene scheint jedoch für die hohe Prävalenz von Adipositas in unserer Bevölkerung relevant zu sein.
So, und was haben wir jetzt gelernt? Dass wir noch nach der Rolle der Epigenetik schauen müssten, jedenfalls nicht. Und schon gar nichts übers abnehmen.
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