Flibanserin – Die Pille, die Frauen Sex-besessen macht
Geschrieben am 21. November 2009 von KPBaumgardt
WIE STUDIEN ETWAS ANDERES UNTERSUCHEN, ALS SIE STUDIEREN SOLLTEN
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Das “Viagra für Frauen” sollte die Lösung weiblicher Sexualstörungen – genauer: der Lustlosigkeit oder sexuellen Appetenzstörung darstellen.
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Das Ärzteblatt hat über Studien mit Flibanserin berichtet.
Die Legende erzählt, dass Flibanserin, eigentlich als Antidepressivum gedacht, aber wirkungslos, im Test mit Ratten dazu führte, dass die Ratten häufiger “Sex hatten”. Eine zusammenfassende Darstellung von zwei Studien ergab
einen Anstieg der sexuell befriedigenden Erlebnisse (satisfying sexual events, SSE) von 2,8 auf 4,5 pro Monat.
Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass auch Placebo die Zahl der SSE von 2,7 auf 3,7 steigerte. … Auch das sexuelle Verlangen habe sich unter der täglichen (abendlichen) Einnahme von Flibanserin verbessert, wird mitgeteilt. Gemessen wurde es mittels eines täglichen elektronischen Tagebuchs (eDiary) und einer Subskala des Female Sexual Function Index (FSFI).
Genau genommen ist die “Placebo-Wirkung” gar keine Placebo-Wirkung: Wenn Frau sich täglich fragen soll “Hatte ich heute eigentlich ein sexuell befriedigendes Ereignis?”, macht sie sich ja genau diese Frage bewusst – und tut eventuell auch etwas dafür, dass das “Ereignis” eintritt.
Ist dieses Interesse an der Lust erst einmal geweckt, finden sich überall weitere Hinweise, auf der Straße, in Frauen- und auch in Männer-Zeitschriften.
Entscheidend kann schließlich sein, welchen Standpunkt die beste Freundin einnimmt. Mit ihr wird gern besprochen, wie “die Männer” sind, und welche Haltung Frau ihnen gegenüber einnimmt.
Streng medizinisch, aus frauenärztlicher Sicht:
Unter einer Libidostörung leidende Patientinnen haben häufig keine eigenen Körpererfahrungen durch Masturbation gemacht und kennen daher den damit verbundenen sexuellen Lustgewinn nicht. Durch frühkindliche Erfahrungen oder antisexuelle Erziehung haben sie meist Ängste vor dem eigenen Körper entwickelt. Bei einigen Frauen besteht sogar ein regelrechter Widerwille gegen eine sexuelle Beziehung.
… Es handelt sich nur dann um eine behandlungsbedürftige Störung, wenn die Probleme dauerhaft auftreten. Meist ist bei den Betroffenen eine unbewusste Abwehrreaktion vorhanden, organische Ursachen sind selten.
Auch Moralvorstellungen spielen ihre Rolle: Was ist überhaupt erlaubt, was wird als “sündig” empfunden, wie geht Frau mit “der Sünde” um?
Frauen ohne feste Partnerschaft werden irgendwie auf die Idee kommen, sich schnell noch, bevor es keine mehr gibt, ein (Pracht-) Exemplar von Mann zu organisieren, und, wo ein Mann vorhanden, kann Frau ihm ja “durch die Blume” sagen, dass er sich etwas mehr Mühe geben soll, oder unverblümt ausdrücken, was sie will.
Ob Frau zielstrebig auf die events zusteuert oder sich nur passiv-abwartend verhält kann einen entscheidenden Unterschied ausmachen: Der Appetit kommt hier wie da beim Essen; Wenn es jetzt vielleicht eine Pille zur Appetitsteigerung gibt, sind die guten alten Rezepte noch längst nicht obsolet.
Der schlimmste Lustkiller – oder der schlimmsten einer: Wenn sie nur starr und unbeweglich, hölzern sozusagen, herumsteht.
Lust auf die Lust macht also die Bewegung, nicht nur, aber auch, der Hüftschwung.
Und zur Wirkung der Musik auf das Erleben von Zeit und Rhythmus erfahren wir hier
so einiges.
Die Diskussion, was unter normaler männlicher und was unter normaler weiblicher Sexualität zu verstehen ist, kommt im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren von Flibanserin vielleicht auch mal wieder auf uns zu. ForscherInnen haben schon herausgefunden, dass “es” bei Männern linear, bei Frauen kreisförmig abläuft 😉
Basson and her colleagues have found that while men’s sexual progression is essentially linear─from desire to arousal to orgasm─women’s sexuality is more accurately circular, with one positive factor (such as emotional satisfaction or intimacy) reinforcing others and eventually leading to desire and arousal.
Das sieht allerdings auch sehr nach Schwarz-Weiß-Denken aus. Dass unsere Sehnsüchte, Wünsche, Bedürfnisse vor allem das Produkt der Konvention und Erziehung sind, ist doch bekannt.
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