M.O.B.I.L.I.S. – Abnehm-Programm der Extra-klasse?

Die „Zeit der Diäten“ ist offenkundig vorbei. Von daher wird sich das Interesse mehr und mehr geleiteten Abnehmprogrammen zuwenden.
Heute stellt  Fressnet.de  „M.O.B.I.L.I.S.“ im Gespräch mit Herrn Andreas Berg von der Geschäftsführung des eingetragenen Vereins  vor:

FN: Ein Programm, das über ein Jahr läuft und in 35 praktischen Bewegungseinheiten sowie 21 theoretischen Gruppensitzungen den Teilnehmern unter medizinischer Betreuung Impulse zu mehr körperlicher Bewegung und einem vernünftigen Lebensstil vermittelt, klingt Erfolg versprechend.
Und endlich werden einmal die medizinischen, „ernährungstechnischen“ und die Bewegung betreffenden Aspekte in einem Programm gemeinsam berücksichtigt.

Herr Berg – wie kam es zur Gründung von M.O.B.I.L.I.S., wer hatte die Idee dazu?

A. Berg: M.O.B.I.L.I.S. ist eine Initiative der sportmedizinischen Einrichtungen des Universitätsklinikums Freiburg und der Deutschen Sporthochschule Köln.
Nachdem sich beide Institute über Jahrzehnte einen erbitterten wissenschaftlichen Wettstreit geliefert hatten, beschlossen deren Entscheidungsträger im Jahr 2001 zukünftig gemeinsame Sache zu machen und ein neuartiges interdisziplinäres Abnehmprogramm auf den Weg zu bringen. Das war gewissermaßen die Geburtsstunde von M.O.B.I.L.I.S.

Renommierte Experten aus den Bereichen Bewegung, Psychologie/Pädagogik und Ernährung konnten schließlich von Freiburg und Köln für das nationale Gesundheitsprojekt gewonnen werden. Diese erarbeiteten ein umfangreiches Konzept, das während der Modellphase im Jahr 2004 erstmals in drei Gruppen getestet wurde.

Nach dem äußerst erfolgreichen Probelauf bildeten unsere Experten in speziellen Schulungen Fachkräfte aus, die die standardisierten M.O.B.I.L.I.S.-Inhalte anschließend an verschiedensten Standorten in Deutschland umzusetzen begannen.
Zwischenzeitlich gibt es über 100 dieser Teams, die jeweils aus Sportwissenschaftlern, Psychologen oder Pädagogen, Ernährungsfachkräften und Ärzten bestehen. Organisiert und überwacht wird das Gesamtprojekt von einem gemeinnützigen Verein bzw. dessen zentraler Geschäftsstelle in Freiburg – sprich M.O.B.I.L.I.S. verfolgt keinerlei kommerzielle Interessen und erzielt auch keinen Gewinn.

FN: Bei M.O.B.I.L.I.S. wird eine Änderung des Lebensstils angestrebt. Bedeutet das nicht auch eine Änderung der Einstellung zum Leben, vielleicht noch über ein „Die Sohle meines Laufschuhs ist wichtiger als das Logo auf meinem Kühlergrill“ hinaus?

A. Berg: Ja, ganz bestimmt! Um seinen Lebensstil verändern zu können, muss man beweglich sein – nicht nur körperlich, sondern auch geistig.
Ganz zentral ist dabei die Einsicht: „Ich bin für mich selbstverantwortlich, ich habe es in der Hand, wie ich meinen Alltag gestalte – eben auch wie viel ich mich bewege und wie gesund ich mich ernähre!“ Wer dies begreift und konsequent an sich arbeitet, bekommt fast unweigerlich eine andere Einstellung zu seinem Leben.

Im Extremfall kann eine Lebensstiländerung sogar dazu führen, dass plötzlich langjährige zwischenmenschliche Beziehungen in Frage gestellt oder neu definiert werden müssen.
Wenn man erst einmal richtig damit anfängt, zieht eine Veränderung des Lebensstils nicht selten eine ganze Spirale weit reichender Veränderungen nach sich.

FN: Was die Einbeziehung von Pädagogen in den Ablauf betrifft, nimmt Ihr Programm offenbar eine Sonderstellung ein. Inwieweit könnte man es als ein „pädagogisches Programm“ definieren?

A. Berg: M.O.B.I.L.I.S. ist in erster Linie ein interdisziplinäres Programm mit einem bewegungsorientierten Schwerpunkt (35 praktische Bewegungseinheiten).
In 11 Gruppensitzungen wird das Thema Verhaltensänderung mit einem Dipl. Psychologen oder Dipl. Pädagogen besprochen. Jede Sitzung ist einem speziellen Thema gewidmet; die Teilnehmer erhalten während der Sitzungen theoretische Informationen und werden zu schriftlichen sowie mündlichen Aufgaben angeleitet.

Zwischen den Gruppensitzungen sind sie dazu aufgefordert, konkrete Aufgaben zur Verhaltensänderung in ihrem Alltag fortzuführen und den Fortschritt zu dokumentieren. In den Sitzungen kommen verhaltenstherapeutische Elemente zum Einsatz.
Eine Psychotherapie wird dagegen nicht angeboten, und es wird auch keine Ursachenforschung („Warum bin ich übergewichtig?“) betrieben.

Insofern könnte man M.O.B.I.L.I.S. natürlich auch als pädagogisches Programm bezeichnen; letztlich haben wir uns jedoch bewusst für die Adjektive ‚interdisziplinär’ und ‚bewegungsorientiert’ entschieden, weil diese die Ausrichtung von M.O.B.I.L.I.S. am besten beschreiben.

FN: Gibt es Ihrer Meinung nach einen „adipösen Charakter“, und wo sehen Sie die Grenzen oder den Übergang zur Therapieresistenz?

A. Berg: Das ist schwer zu beantworten, zu unterschiedlich sind die Gründe, warum Menschen übergewichtig werden. Die Wissenschaft steckt, was die Ursachenforschung betrifft, zudem noch in den „Kinderschuhen“.

Die Adipositas ist ein sehr komplexes Phänomen, bei dem der Charakter oder besser: bestimmte Charaktermerkmale sicher eine wichtige Rolle spielen, vermutlich aber nie allein verantwortlich sind.

Besonders spannend finde ich in diesem Zusammenhang die Frage: Warum schaffen es manche Menschen abzunehmen und ihr Gewicht dauerhaft zu halten, andere aber (mit derselben Methode oder Maßnahme, wie z.B. M.O.B.I.L.I.S.) nicht?
Allein dies spricht aus meiner Sicht eher gegen die These des „adipösen Charakters“.
Letztlich muss man auch berücksichtigen, dass nicht jede Maßnahme für jeden Adipösen gleichermaßen geeignet ist. Vielleicht gibt es ja eines Tages die Möglichkeit vorherzusagen, wer mit welcher Abnehmmethode den voraussichtlich besten Erfolg erzielen wird. In jedem Fall würde dies die Therapieresistenz deutlich senken.

FN: Vereinzelt werden ja auch ADS/ADHS oder Depression als auslösende Faktoren genannt …

A. Berg: Unser M.O.B.I.L.I.S.-Programm behandelt ausschließlich (starkes) Übergewicht, das auf einer gestörten bzw. falschen Energiebilanz beruht.
Übergewicht bzw. Adipositas kann aber natürlich auch andere Ursachen haben wie ADS/ADHS und Depressionen oder aber in Folge einer Essstörung auftreten.

In all diesen Fällen funktioniert das M.O.B.I.L.I.S.-Konzept nicht, sondern ist zunächst eine individuelle Einzeltherapie zur Behandlung der eigentlichen Erkrankung angesagt.

FN: Einige Programmen, etwa LLID, scheinen an die „Grenzen des Wachstums“ zu kommen. Internetgestützte – sagen wir mal, vom Umfang der Betreuung her – „Schmalspurprogramme“ sind möglicherweise auf dem Vormarsch, während die Mehrzahl der von Adipositas Betroffenen offenbar ganz wenig unternimmt.
Wie beurteilen Sie diese Entwicklung, und welche Expansionschancen sehen Sie für M.O.B.I.L.I.S.?

A. Berg: Grundsätzlich sind Über-gewicht und Adipositas weiter auf dem Vormarsch. Das unterstreichen nicht zuletzt die von der Bundesregierung zum Jahresbeginn veröffentlichten Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie II.

Mit dem Thema Abnehmen lässt sich gutes Geld verdienen, das haben kommerzielle Anbieter seit geraumer Zeit erkannt. Aktuell wird Deutschland mit Programmen zur Gewichtsreduktion ja nahezu überschwemmt.
Allerdings gibt es nur sehr wenig seriöse Angebote, die z.B. die Kriterien eines kontinuierlichen Qualitätsmanagements erfüllen. In diesem Zusammenhang bin ich überzeugt, dass wissenschaftlich fundierte Programme wie M.O.B.I.L.I.S. eine Zukunft haben und sich langfristig auf dem Markt halten werden – vorausgesetzt sie investieren ständig in die Weiterentwicklung ihrer Inhalte und bleiben innovativ.

FN: Herr Berg, ich danke Ihnen für das Gespräch!

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