Die Sportmotivation als sechs-Wochen-Programm…
Geschrieben am 6. Mai 2012 von KPBaumgardt
Eigentlich hätte “Focus” ja genügend Zeit gehabt, seine Motivations-Inspirationen auf Wirksamkeit und Akzeptanz zu überprüfen – aber offensichtlich unverändert erreichen uns 42 “wirksame Tipps”, die schon so alt sind, dass ein Leser-Kommentar nur meint:
Allerdings ist es [das Angebot] alter Wein in neuen Schläuchen. Altbekannte Motivationstechniken werden mit Sport kombiniert, mit frischen Namen dekoriert und mit Interaktivität modern verkauft. Wer s braucht!.
Und beim Geizkragen findet sich noch eine datierte Rezension:
Mittwoch, 25.11.2009 In dieser Jahreszeit ist es gar nicht so einfach, in Bewegung zu kommen. Focus Online bietet Euch deshalb ab sofort das so genannte Moving-Programm kostenlos als E-Mail-Coaching an.
Das Programm beruht auf den Erfolgsrezepten diverser Weltklasse-Sportler, die Mentaltrainer und spezielle Motivationstechniken für sich zu nutzen wissen, um in Bewegung zu kommen und zu bleiben. Ex-Tennisprofi und dreifacher Davis-Cup-Sieger Carl-Uwe Steeb sowie der Diplom-Mentaltrainer Markus Hornig haben das Motivationsprogramm Moving entwickelt.
Was soll’s. Kürzlich hatte jemand die “Moving“-Coach-Story als neu getwittert, und bei Focus ist die “Story”, die in 43 kleine Unter-Artikel unterteilt ist, nicht datiert. Ein Link zur Bestellung eines 42-Tages-Newsletters war auch nicht zu finden.
Profi-Methode motiviert Muffel zu gesünderem Leben
Seite 1
Lernen Sie von Andre Agassi!
Seite 2
Was für ein Sporttyp sind Sie?
Seite 3
Orientieren Sie sich an Georg Hackl!
Seite 4
Wie fit sind Sie eigentlich?
Seite 5
Glauben Sie an sich!
Seite 6
Suchen Sie sich Unterstützung!
Seite 7
Einsatz gefragt!
Seite 8
Nutzen Sie die Macht des Unterbewusstseins!
Seite 9
Fangen Sie an!
Seite 10
Schreiben Sie sich einen Brief!
Seite 11
Entspannen Sie sich!
Seite 12
Reden Sie sich Ihren Erfolg ein!
Seite 13
Finden Sie Ihr persönliches Mantra!
Seite 14
Trainieren Sie mit der richtigen Herzfrequenz?
Seite 15
Mindestens einmal täglich Eigenlob!
Seite 16
Teilen Sie Ihren Erfolg mit anderen!
Seite 17
Nutzen Sie Selbstzweifel als Herausforderung!
Seite 18
Überwinden Sie Durchhänger!
Seite 19
Sport macht gelassener
Seite 20
Erfinden Sie Ihren eigenen Schlachtruf!
Seite 21
Konzentrieren Sie sich auf den Moment!
Seite 22
Schätzen Sie Ihren Gegner richtig ein!
Seite 23
Belohnen Sie sich!
Seite 24
Finden Sie Ihren Sieger-Song!
Seite 25
Kommen Sie ins Forum von FOCUS Online!
Seite 26
Bleiben Sie am Ball!
Seite 27
Kosten Sie die Vorfreude aus!
Seite 28
Suchen Sie sich Vorbilder!
Seite 29
Schaffen Sie Abwechslung!
Seite 30
Steuern Sie Ihre Gedanken!
Seite 31
Lernen Sie von den Champions!
Seite 32
Ziehen Sie Zwischenbilanz!
Seite 33
Steigern Sie sich!
Seite 34
Informieren Sie über Ihre Erfahrungen!
Seite 35
Schaffen Sie Ihr Idealbild!
Seite 36
Wählen Sie einen Talisman!
Seite 37
Freuen Sie sich über Nebeneffekte!
Seite 38
Wie viele Kalorien verbrennt Ihr Sport?
Seite 39
Feiern Sie Ihre Leistung!
Seite 40
Gehen Sie mutig auf Neues zu!
Seite 41
Beurteilen Sie Moving!
Seite 42
Sie sind über den Berg!
Seite 43
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass mehr als 10 Leser das komplette Programm durchziehen – Briefe an sich selbst sind doch längst nicht mehr in Mode, und wer so etwas schreibt, braucht dafür keine Aufforderung.
Erwachsene wollen auch nicht unbedingt detaillierte Vorschriften; Erwachsenenpädogogik – um die geht es ja letztlich, sieht auch ganz anders aus.
Für all diese “Coaches” wünscht man sich dann doch definitiv einen Wirksamkeitsnachweis und eine Zulassungsbehörde, oder eine freiwillige Selbstkontrolle. Ich behaupte mal, dass ausgerechnet ein Internet-Psycho-Coach in über 95 % versagt und damit keine Daseinsberechtigung hat, letztlich mehr schadet als nützt, weil diese Dingen sinnlose Zeitvergeudung sind und verhindern könnten, dass Betroffene sich echte Hilfe suchen.
“Reden Sie sich Ihren Erfolg ein”: Diese Regel ist gut, und diese Regel ist schlecht. Niemand, der gut ist, muss sich seinen Erfolg herbei-manipulieren mit Praktiken, die der Propaganda und Gehirnwäsche entstammen. Und wer zum bewegteren Menschen werden will, und sich mehr bewegt, hat das auch gar nicht nötig, muss sich nicht vor dem Spiegel sagen: “Ich rede mir jetzt ein, wie gut ich bin”, sondern kann durchaus “einfach so” davon überzeugt sein, dass er gut ist.
Ich rede mir ja auch nicht ein, dass die Portionsdiät sehr gut ist, sondern bin davon überzeugt.
“Ich gestatte mir, zu glauben, dass ich das schaffe…” 😉
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Abgelegt unter: Medien | Ein Kommentar »
War ich vor den 43 „Regeln“ motiviert, ein ZIel zu erreichen, bin ich dies danach mit Sicherheit nicht mehr. Diese Aufforderungen sind zum einen so allgemein, dass Sie für jedes „Tschacka – Du schaffst es“-Thema zu gebrauchen sind, zum anderen stört es mich, dass es hauptsächlich um das Feiern von Erfolgen geht. Ist es nicht viel wichtiger, vorhandene, aber vielleicht in Vergessenheit geratene eigene Ressourcen zu finden, die mir bei meinem Weg zu den Zielen helfen? Meine Erfahrungen als Coach – oh, das böse Wort 🙂 – zeigen, dass wir vieles schaffen können, wenn wir uns auf unsere Ressourcen besinnen – dafür braucht es keinen Brief an sich selbst und auch keine Internet-Coaches.