Diätfrei (13) holt den Tod herbei

„Diät“ soll helfen, sich einzupegeln, zu mäßigen, statt sich stur nach starren Vorschriften zu richten und sich demnach immer wieder zu „versündigen“. Diät soll helfen, mittels einer gesunden Lebensweise mehr Lebensqualität zu erleben.
Adipositas macht jedoch krank, damit sind Widerstand und Veränderungen angesagt, auf diversen Ebenen geht es um Ausgleich und Balance, aber zum Beispiel die Zufuhr von übergroßen Koffein-Mengen, um einem Schlafmangel etwas entgegenzusetzen, ergibt nicht die Ausgeglichenheit und Balance, die hier gemeint ist.

Deshalb hatte ich die letzten 12 Artikel mit „Freie Diät“ getitelt, wollte auch vermitteln, dass Diät und Befreiung zusammengehören.

Jetzt, bei der Fortsetzung, kommt die „13“ ins Spiel, die einer alten Lesart zufolge auch das Ende eines Lebens, als Voraussetzung für Neues, das nachkommt, bedeuten kann.
Das oral-lustbetonte Verhalten unter dem Motto „Ich darf das, weil ich so bleiben will, wie ich bin“, bei dem die Begleit- und Folgeerkrankungen aus der chronischen Krankheit Adipositas soweit als gerade noch möglich der Wahrnehmung entzogen werden, öffnet gewissermaßen der Verschlimmerung – und letztlich dem Tod – Tür und Tor.

Die Kombination von Kartoffelsalat und Tofu sehen wir hier nicht zum erstenmal – bei fleischlosen Rezepten ist die „Gewohnheit Fleisch-Essen“ zumindest für den Moment „gestorben“, womit gesagt sein soll, dass die Urfigur mit der Sense häufig auch symbolisch verwendet wird.

Es gibt Abendbrot, und zwar vegan, weil der Brotaufstrich ein veganer Frischkäse ist. Wie das geht, habe ich vor Längerem erzählt – das Servierbrett in „Groß“ ist beigefügt.

„Foodboards“

Man kann sagen, „Apero“ sei ein gesellschaftlicher Brauch in Frankreich und der Schweiz, der Genuss und Geselligkeit verbindet und hinzufügen, dass der Apero jetzt „Foodboard“ genannt wird, vor allem aber ist wichtig, nicht beim Bezeichnen von theoretischen Kleingenüssen zu bleiben, sondern sie zu realisieren!

Rettichsprossen…

Maultaschen mit – wenn sie denn schon verbraucht werden müssen – Rettichsprossen, Schnittlauch und einer Tomatenmark-Sriracha-Würzung als Bestandteil einer kalorienbewussten Ernährung: Ist das also gleichzeitig „Diät“?

Beschäftigung statt Gedanken-Kreisverkehr

„Nimm Dir eine von 101 aufgelisteten Lieblingsbeschäftigungen und führe sie aus!“ So ungefähr war das bei „Psychologytoday.com“ als Rat für missgestimmte Stunden zu finden, weil doch „die Depression“ schon im Begriff ist, [heimlich, still und leise] eine Mehrheit zu ergreifen.Intuitiv begreifen wir das Konzept als sinnvoll – „machen Sie lustige Dinge und Sie werden sich ein wenig besser fühlen“. In der Praxis ist es jedoch nicht immer einfach, sich angenehmen Aktivitäten zu widmen, wenn man sich ohnehin schon deprimiert fühlt. Chronische Niedergeschlagenheit führt oft zum Rückzug. Der Rückzug führt wiederum zu einem Gefühl der Isolation und  zu einer noch schlechteren Stimmung.Darüber hinaus ist Anhedonie – ein Mangel an Interesse oder Freude an den Erfahrungen des Lebens – ein häufiges Symptom einer Depression und kann dazu führen, dass Aktivitäten, die früher verlockend waren, nicht mehr attraktiv erscheinen. Nach einer Weile kann es schwierig sein, sich daran zu erinnern, welche Dinge früher Spaß gemacht haben.

Foto von Evelin F. Der Spass an der Essenszubereitung kann elementar sein: Das erfordert eigene Aktivität, die von der allzugroßen Bindung an Industrieprodukte befreit, ernöglicht, den Verstand zu gebrauchen, verleiht vielleicht auch ein Gefühl der Überlegenheit angesichts versprecherischer Spüche wie „.aribo macht Kinder froh…“, die genaugenommen eine pharmakologische Verheißung darstellen. Eine merkwürdige Übereinstimmung hinsichtlich der Sinnlosigkeit „guter Ratschläge“ ergibt sich bei dem „Klassiker“:

  • Telling someone with obesity to “eat less and move more” is like telling someone with depression to “cry less and be happier.” It doesn’t work. (Jemandem mit Adipositas „iss weniger und beweg‘ Dich mehr“ zu erzählen ist, wie einem Depressivem zu sagen: „heul‘ nicht und sei glücklicher!“)

Diätfrei und intuitiv

„Lass Deine Esslust (und Völlerei) sich austoben und werde glücklich“ wird nun niemand so direkt sagen – aber ein bisschen „dätfrei“ und intuitiv soll es schon zugehen dürfen.

Ob Frühstücks- oder Abendbrotbrett(chen), ist eigentlich unerheblich: Auf die Auswahl, Zubereitung und Präsentation kommt es aber sehr wohl an.
Politisch wäre zu formulieren: „Kreativität muss sich wieder lohnen“. Medien, staatliche und zivilgesellschaftliche Institutionen fördern nämlich nachhaltig-gesunde Rezepte kaum, oder nicht bis garnicht. Oder streichen wir das wieder?

So konnte ich neulich beobachten, wie eine „Coachin“ mit Podcasts und geschriebenem Text ihrer rein weiblichen Klientel Persönlichkeitsentwicklung und Verständnis anbot, ohne auch nur einmal auf den konkreten Preis der Dienstleistung zu sprechen zu kommen. Aber auf drei von vier Fotos hat sie mit Süßigkeiten und sehr erfreut gepost, und Zertifikate konnte sie auch präsentieren.
Ob es kreativ und sachdienlich ist, mehr Fettakzeptanz zu propagieren, darf bezweifelt werden. Es geht ja nicht darum, Adipöse an den Pranger zu stellen, sondern zu verstehen, dass hier wahrscheinlich Probleme aus unterschiedlichen, auch unbewussten Bereichen ihre Konsequenz und ihren Ausdruck finden.

Grundsätze, an die man sich verlässlich hält, zum Beispiel niemandem zu schaden, oder sich fair und ehrlich mit gesundem Pessimismus zu verhalten, nennt man wohl „Maximen“. Bei manchen sind die Maximen nicht so stabil und hängen vom politischen Wind ab, das nennt man dann Opportunismus und ist mehr durch den Egoismus bedingt als durch überdurchschnittliche menschliche Qualitäten.

Dazu kann ich nicht mehr sagen, als ihr unter

Arthur Schopenhauer Paränesen und Maximen (Aus den Aphorismen zur Lebensweisheit)

erfahren könnt; auch den motivierenden Spruch von Horaz habe ich dort gefunden.

Auf der individuellen Ebene ist das ein Ausschnitt von einer Portion Spaghetti. Wenn von einem Topf mehrere Essensteilnehmer satt werden sollen, kommen Gruppenmechanismen ins Spiel.

Integration und Desintegration sind keine Themen, die ausschließlich Migranten vorbehalten sind:
„Wir alle können in einen Zustand gesellschaftlicher Desintegration hineingelangen.

Ich vermute mal, dass zum zusammen-Leben und -Arbeiten passende, gemeinsame  Maximen nötig sind. Weiter vermute ich, dass der entsprechende Austausch noch entwicklungsfähig ist, dass Kontrollmechanismen nötig sind, weil man sich allgemein auf niemanden blind verlassen kann, und dass der Zusammenhalt von „Gruppen“ und „Massen“ sich unterscheidet.

Bei der Bildung einer Diätgruppe ist also sowohl auf den Zusammenhalt (soziologisch: „Die Kohäsion“) der Gruppe als auch auf die Balance der gegebenen Einflüsse, Bestrebungen und Bedürfnisse zu achten.

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Ein Kommentar zu “Diätfrei (13) holt den Tod herbei”

  1. […] als wenn “irgendjemand” sagt, dass Dein Tun gefragt ist. Die Bedeutung von Grundsätzen (Maximen) oder auch Leitlinien (Leitsätzen) wird oft nicht verstanden, ihr Wert, wenn es sich z. B. um […]

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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