Wenn Alles mit dem „Mindset“ erklärt wird, stimmt etwas nicht
Geschrieben am 7. April 2024 von KPBaumgardt
Als Leser und Zuschauer sollen wir uns auf Texte und Bilder einlassen, dem Dichter erlauben, auf unsere Vorstellung Einfluss zu nehmen – es gibt dabei eine Suggestivkraft in der Erzählung, die letztlich mit Traumbildern wirkt:
Es gibt einen uralten Wald, der seit vielen Jahren nicht mehr von der Axt berührt wurde. Man sagt, dass er einem Gott heilig ist. In seiner Mitte befindet sich ein heiliger Brunnen, der von einer in den Fels gehauenen Grotte geschützt wird, und ringsum singen die Vögel ihre süßen Klagen. Als ich eines Tages durch die schattigen Haine schlenderte, überlegte ich, welche Aufgabe meine Muse wohl haben würde.
Wir haben hier einen Textschnipsel von OVID, der erklärt, dass „seine Muse, die Elegie“ ihn (und folglich uns) führen wird, inhaltlich und formal, etwa in der „Liebeskunst„:
Nehmt euch vor allem in acht, die Gebrechen der Mädchen zu rügen,
ja, es hat manchem genützt, dass er mit Fleiß sie nicht sah.
Die hier angesprochenen „Fehler der Mädchen“ sind vor allem kosmetischer Art, die heutzutage durch die mediale Verbreitung von Schönheitsidealen, sehr wohl permanent betont werden, was zu Unsicherheiten, Ängsten und allerlei Störungen führen muss. Hier auf Perfektion zu bestehen oder nicht, hängt, einer Mode folgend, vom „Mindset“ ab – diese „inneren Einstellungen“ sehen manche Psychologen als veränderbar an,
Der Körper als Datenträger
Eigenes und fremdes Denken und Handeln beurteilen wir quasi pausenlos; eine Graphik, die den „dichterischen Vorschlag“ illustriert, eine geheime Botschaft einer Sklavin auf den Leib zu schreiben, können wir so oder so empfinden, aber auch weder als
vulgär noch frivol. Hier wird auch nicht gegendert; an anderer Stelle hat der Dichter empfohlen, Briefe durch das Vertauschen von „Sie“ und „Er“ und umgekehrt zu chiffrieren.
Das Lebkuchen-oder-Mindset-Haus
Ein Häuschen im Grünen, aus Lebkuchen mit Zuckerglasur zusammengefügt, können wir uns leicht vorstellen und wir wissen um seine begrenzte Haltbarkeit. Denken wir uns „das Mindset“ als ein Set von Spielkarten, hat ein Mindset-Häuschen die Stabilität eines Kartenhauses – nicht nur im Märchen und in Liebesfragen kommt es aufs „Mindset“ an, auch im Zusammenhang mit „Diät“ findet es sich:
Mit einem gesunden Mindset zum Abnehmerfolg?
So orakelte neulich die Fernsehsendung „Brisant“ – dabei ist die eigentliche Frage jedoch, wie und ob im Zweifelsfall das „Mindset“ (die Denkweise, die Mentalität) gesunden soll, kann und will. „Optimistische Menschen haben ein positives Mindset“ heißt es, und wem das hilft, schätze sich glücklich. Dass kranke und von Krankheit bedrohte Menschen meist noch einen Spielraum hin zu einer gesünderen Lebensweise haben, soll hier aber auch nicht verschwiegen werden.
„Studien haben gezeigt, dass dauerhafter Stress sowie Depressivität zu Übergewicht führen können. Übergewicht wiederum löst nicht selten Stress und Depressivität aus. Ein Teufelskreis, beim dem Psychotherapie kann.“
Was Psychotherapeuten können, können Journalisten schon längst: Mit unvollständigen Sätzen andeuten, wo das Gegenüber weiterdenken könnte. Beim „Teufelskreis des depressiven Übergewichts“ kommt es langfristig immer wieder auf Lösungen, immer wieder auf den Anfang an, hier zum Beispiel
Pak-Choi-Kokos-Suppe mit Kapern
Gedämpfter Pak-choi in Gemüsebrühe püriert, mit vielen Kapern serviert und mit einem „Nuss-Salz“ dekoriert.
„Die falschen Grundüberzeugungen steuern uns ins falsche Verhalten“ könnte man sagen, dahinter steckt die Theorie einer ursprünglichen Programmierung oder wegweisender Engramme, die nicht „einfach so“ sich mal eben überschreiben lassen.
„Da der Mensch zu Mustern und Gewohnheiten neigt, die ihm als „einzige Wahrheit“ erscheinen, tendiert er dazu, sich mit diesen zu identifizieren. So sind viele beispielsweise überzeugt davon, dass sie übergewichtig, unsportlich und faul sind und halten entsprechend ihrer Überzeugungen an ihren Verhaltensweisen fest, um den ihnen bekannten Zustand stetig wiederherzustellen.
Das Ergebnis: Ein stetiger Teufelskreis. Scheitert das eigene Vorhaben „Abnahme“ zudem immer wieder, würde jeder Rückschlag mit Wut und der weiteren Abwertung der eigenen Person gegenüber abgestraft, erläutert Drachenberg. Man gebe sich selbst wieder auf und verfällt in alte Verhaltensweisen. „Ganz nach dem Motto: Ich wusste ja, dass ich es nicht schaffe“, so der Experte.“
Nun, das ist eine Weltsicht von vielen möglichen. Es fehlt die Rolle der Ängste, der Vermeidungen, Reaktionsbildungen, Anpassungs- uns Abwehrmechanismen; es gibt Überschneidungen mit Theorien von Selbstbild und Selbstwertgefühl, aber auch bedenkliche Auslassungen, was die narzisstische Dimension betrifft. Anders gesagt: Wo maligne Introjekte walten und wüten, ist die „gesunde Stressbewältigungsstrategie“ am Ende.
Eine Blume, die nur einen Tag lang blüht, kann uns in eigenartiger Tiefe ansprechen – urtümlich sind auch alte Mythen, die von Mensch-Pflanzen-Beziehungen innerhalb von Metamorphosen berichten; solche urtümliche Verwandtschaften gehören auch zur Vorstellung unseres Seelenlebens, das mehr ist als „Programmierung und Stressbewältigungsstrategie“: Der psychisch durchaus relevante Narzissmus leitet sich von „der Narzisse“ ab und hat eine Wort-Verwandtschaft zu „Narkose“. im weiteren Sinne also zu Betäubung, Schmerzvermeidung und Suchtphänomenen.
Dass Menschen die Natur modellieren und warum sie es (nicht oder falsch) tun, wäre eigentlich die übergeordnete Frage, die zu einem vernünftigeren Umgang mit Natur führen müsste, also auch zu einem besseren Umgang mit „der Menschheit“ und mit sich selbst.
Der Slogan „Esst kein Fleisch“, wie er schon bei Pythagoras bekannt ist, beruht auf der Würdigung der Seelen – sowohl der Tiere als auch der Menschen. Weil es zudem die Seelenwanderung gebe, bestehe die Gefahr, Körper, die von unschuldigen oder verwandten Seelen bewohnt waren, zu verzehren, was nicht als moralisch einwandfrei bewertet wurde.
Wenig oder nichts spricht gegen die fleischlose Ernährung (außer der „Gewohnheit“), und die Möglichkeiten der vegetarischen Ernährung sind schier unendlich.
Hier: Tofu-Shitake-Broccoli-Kartoffelsalat mit fermentiertem Haferfrischkäse.
Hier fast das Gleiche wie zuvor und der „Beweis“, dass zumindest ein bisschen Abwechslung sein muss.
Bei den zuletzt gezeigten Abbildungen ist ein Kartoffelsalat im Spiel, wie er in deutschen Küchen bisher unüblich ist; die Salatsauce besteht aus Gemüsebrühe und Frischkäse von selbst fermentierter Hafermilch. Dabei sind auch Senf, Essig, Balsamico-Essig und ein wenig Öl. Zum weiteren Andicken bietet sich, wo vorhanden, auch ein gutes Hummus an.
Zusammenfassend: Wir haben durchaus Wahlmöglichkeiten, was unser Denken und die Ernährung betrifft. Dass Bekanntes, „Bewährtes“ sich in den Vordergrund drängt, muss nicht heißen, dass bessere Alternativen unentdeckt bleiben. Wo Veränderungen notwendig sind, muss etwas geschehen.
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