Resistente Stärke, Hummus und die Symbolik einer hochglanzpolierten Lok

Wenn es um Gewinne in Höhe von 5 bis 10 Billionen US-Dollar pro Jahr  geht, sind das keine Peanuts – anders gesagt: Unsummen werden „verschenkt“, weil Unterernährung und Übergewicht im Zusammenhang mit Agrar- & Ernährungssystem  die globalen  Treibhausgasemissionen anschüren und mehr Wertschöpfung zerstören, als sie hervorbringen.
Dabe wäre es so einfach:

Eine globale Agrar- und Ernährungswende würde volkswirtschaftliche Gewinne in Höhe von mehreren Billionen US-Dollar erzielen

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung verweist, um es abzukürzen, auf ein neues ökonomisches Modell der „Food System Economics Commission (FSEC)“, wobei die Transformation des „Food“-Sektors nicht so wirklich vorstellbar ist, während die Mängel des „herrschenden Systems“ durchaus bekannt sind. So rechnet die Studie vor, welcher Anstieg bei Adipositas und andererseits Mangel- und „Hungerernährung“ zu erwarten wäre, wenn die Entwicklung weitergeht, wie gehabt. Das ist dann überhaupt nicht leicht zu heilen, und natürlich längst schon ein „fettes Problem“.

 

Quinoa in der Mitte – erweist sich als Beispiel für die Ungerechtigkeiten und Widersprüche internationaler Handelsbeziehungen, wenn die steigenden Preise das Produkt für die Campesinos(?), die es anbauen, zu teuer wird, und sie auf weniger wertigen Ersatz ausweichen müssen.
In kräftiger Gemüsebrühe weichgegart, hat Quinoa den Platz in der Mitte des Tellers durchaus verdient.
Beim Hummus hatte ich das Erdnuss-Hummus noch mal mit Dill,  Petersilie und Spirulina-Pulver aufgewertet.
Paprika in rot und hellgrün, Knoblauch und Shitake-Pilze aus heimischer Produktion runden das Ganze ab. Da fast alles gedämpft worden war, kam dem „Multi-Cooker“ eine Hauptrolle im Hintergrund zu.

Hausgemachtes Hummus erfreut sich offensichtlich großer Beliebtheit – die Ansicht, dass „hausgemacht“ „zu Hause gemacht“ bedeutet, hat sich nicht durchgesetzt.

 

Großenteils ebenso dem verqueren Ernährungssystem anzulasten ist auch „die Diabetes“;

Ein Artikel in der Ärztezeitung wirft hierzu Fragen auf:

„BARMER-Chef Straub: Deutschland scheint Diabetes nicht in den Griff zu kriegen
Knapp 100.000 Diabetespatienten mehr binnen eines Jahres zählt die BARMER Krankenkasse. Vorstandschef Straub verweist auf einen wichtigen Hebel – der aber werde zu wenig genutzt bislang.

Bundesweit ist der Anteil der Patienten mit Diabetes Typ 2 … in den vergangenen zehn Jahren von 8,04 auf 8,65 Prozent gestiegen.“

Möglich, dass mit dem „ungenutzten Hebel“ ein „Desease-Managing-Program“ gemeint ist – im Artikel wird sowohl ein Diabetes- als auch ein Adipositas-DMP erwähnt, möglicherweise kann man noch an hundert weitere „Hebel“ denken

 

Auch ist die Frage, wer hier am längeren Hebel „sitzt“, noch unbeantwortet, die Kranken und Patienten gelangen langsam in die Überzahl und es ist an der Zeit, diese Dinge in eine schönere Balance zu bringen.

Die Bemerkung erscheint angebracht, dass die „normalgewichtigen“, die den adipösen Mitmenschmmem hämisch grinsend „weniger Essen und mehr Sport treiben“ empfehlen,  Mitverursacher der Volkskrankheit sind. Man sollte auch diesen „Personenkreis“ zum DMP schicken, damit sie erkennen, dass die Ignoranz der Schlanken auf der anderen Seite als Belastung ankommt.

Bei den öffentlichen Räumen scheint es eine Dynamik zu geben, die „das Leben“ auf wenige oder bestimmte Stadtteile oder Straßen konzentriert. Das erzeugt Illusionen, die vergessen lassen, wie trist es in Städten und auf dem Land allgemein zugeht.
Wenn bei „Gemeinschaftsverpflegung“ die Gedanken sich immer nur auf Kantine und Mensa richten, bleibt der häusliche und auch der kommerzielle Sektor der Ernährung unbedacht – ein Manko der Ernährungspolitik.
Natürlich wäre Ernährung eigentlich eine „Gemeinschaftsangelegenheit“ und war das schon zu Zeiten, als die wenigen Menschen noch im Paradies leben durften; der heutige „Sachzwang“ zum Speisen in der Isolation widerspricht genau genommen den Menschenrechten!

 

Zucker, Stärke, resistente Stärke

Vernünftig wäre eine deutliche Reduzierung des Verbrauch an Zucker; nicht nur an Süßigkeiten, sondern auch an „versteckten Zuckern“.
Kartoffeln, Reis und Nudeln am Vortag zu garen, um sie deutlich später wieder aufzuwärmen, ist quasi ein Geheimtipp, könnte aber gängige Praxis werden:

Die durch das Erhitzen aufgebrochenen Stärkemoleküle ordnen sich beim Abkühlen in den Lebensmitteln neu an und können vom stärkespaltenden Verdauungsenzym Amylase nicht aufgeschlossen werden, selbst wenn die Lebensmittel erneut erhitzt werden. Der Körper bekommt durch die retrogradierte Stärke weniger Energie in Form von Kilokalorien geliefert als durch Stärke, die in den frisch gekochten oder gebackenen Produkten enthalten ist.

Kürzer gesagt: Bei erhitzter Stärke, die wieder abkühlt, ordnet sich die Molekülstruktur um, so dass sie (und damit ihre Energie) den EsserInnen nichts anhaben kann; die resistente Stärke wird jedoch für Kleinstlebewesen wie Bifidobacterien zur Nahrung, und diese „Tierchen“ könnten unsere Fettaufnahme reduzieren – sagt man.

 

Wann finden wir zurück zum „schlicht und einfach„, zum urigen Genuss, ohne an die Reue denken zu müssen, oder ohne den Gedanken an die Reue unsanft, verbunden mit den bekannten Nebenwirkungen, verdrängen zu müssen?

 

Noch so ein Hebel, um unsere gesellschaftlichen Essstorungen anzugehen, ist die Regulation des Zuckerverbrauchs. Angenommen, Zucker wäre eine Droge, hätten wir ein gigantisches Suchtproblem. Wenn Zucker keine Droge ist, lässt er sich aber leicht und gründlich in Alkohol umwandeln. Zu fragen, ob Zucker dumm macht, ist erlaubt.

 

 

Bei den Mie-Nudeln mit Gemüse wäre genau genommen von „Nudeln mit Gemüse und Obst“ zu sprechen, denn ein Apfel, mit Zitronensaft am Braun-Werden gehindert, ist auch dabei. Und wer genau hinschaut, sieht auch die Sriracha-Sauce.

 

Von der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt es derweil  „neue“  Ernährungsempfehlungen. Wasser trinken und bei Fleisch kürzer treten. Eier nur im Singular, 100 Portionen Fisch pro Jahr – aber nur Nicht-Gefährdete Arten, also eigentlich kein Fisch.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Was wir essen und wie, auch warum wir essen, gehört dazu, und was bezahlbar ist, und welche Gewohnheiten wir aufzugeben bereit sind. Eine DGE, die für uns zu denken vorgibt, ist kontraproduktiv, „aufklärungsfeindlich“.

Nehmen wirl, wenn sie schon mal auftaucht, eine blankpolierte Lok als Sinnbild: Bei Gelegenheit der Eisenbahnerstreiks wird viel gemeckert, geklagt und gejammert, während es positiv darum geht, an die Leistungsfähigkeit angepasste, gerechte Arbeitsbedingungen zu bewirken. Es geht um den „richtigen Weg“, und außerdem noch um die Kleinigkeit einer Verkehrswende. Die Parallele zur Ernährungswende: Auch hier ist Fast-Food kontraproduktiv, aber bessere Lösungen müssen, wollen und können wir entwickeln.

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  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
  • ClaudiaBerlin: Mit all meiner fortgeschrittenen Lebenserfahrung kann ich sagen, dass das mit den...
  • Julia: Da hast du recht, was das Fermentieren angeht, bin ich Spätzünderin 😂
  • Ulrike: Nachhaltigkeit und Produkte aus der Umgebung sind wichtig, da bin ich ganz bei dir. Alles...
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