Genug ist genug – Vom Wünschen und Genügsamkeit
Geschrieben am 30. Juli 2023 von KPBaumgardt
In den Märchen gibt es ja regelmäßig die „Zeiten, da das Wünschen noch geholfen hat“, während heute die Werbung verspricht, dass unsere Wünsche wahr werden, und die Wenigsten sind wunschlos glücklich. Notfalls soll vielleicht ein Lottogewinn nachhelfen, doch die Ansicht, man müsse nur intensiv genug wünschen, was wahr werden soll, entspricht in etwa dem kindlichen Glauben an die Wirksamkeit der Gedanken, dem Glauben an die „Allmacht der Gedanken“. .
Der Kinderglaube wird auch als „magisches Denken“ bezeichnet: Da gibt es also eine Vorstellung von der Macht der Gedanken, die auf eine nicht recht verstehbare Weise die „Realität“ verändern, was eine Kehrseite hat, weil auch die Verhältnisse Macht ausüben, in der Vorstellung jedenfalls, beispielsweise, dass nur ein paar Kilos Übergewicht uns vom Glück der Gesundheit (oder Perfektion) trennen.
Das Märchen vom Steinhauer in „Japanische Märchen – Karl Albrecht Heise (Komplettes Hörbuch)“ greift unsere Tendenz, bei Erfüllung des einen Wunschs auch den nächsten, größeren zu finden, auf, ähnlich wie bei unserem Märchen „Der Fischer und seine Frau“; die erklärenden Märchen stehen letztlich für das Realitätsprinzip, auch und wenn sie irrationale Wünsche, Träume und Ängste thematisieren.
Die „Macht des Body-Mass-Index“ kann sich, so gesehen, mit dem Glauben an Magie, mit Allmachts- aber auch Ohnmachtsphantasien verstricken; „Mein (bisher unerreichtes) Wunschgewicht wird mich glücklich machen“.
Oder alternativ ein High-Score beim Videospiel, noch so einem Beispiel für das Glück, das uns eine mächtige Göttin (Hier: Fortuna) gewährt oder auch nicht.
Wir haben also „Mythische Erklärungsmuster“ für Glück und Pech, der Zufalls wird gelehrt und erforscht, ganz wie die Ur-Anfänge von „Allem“. Dabei erklärt die Kirche alles mit einem unerklärlichen Schöpfer, der sich am siebten Tag Ruhe gönnte und in der Welt einen Stellvertreter hat, der sogar „irgendwie politisch“ ist, aber wenig mit den progressiven Massen zu tun hat
Während die Kirchen … heute grün sind, ist die gegenwärtige Ökologiebewegung über weite Strecken religionslos. Schöpfungsspiritualität ist ein wichtiger Aspekt kirchlichen Lebens geworden; religiöse Traditionen mit ihrer Vorliebe für das «Weniger anstatt Überfluss», mit ihrer positiven Wertung von Genügsamkeit, ihrem Kampf für die Gerechtigkeit wirken in der neuen Ökologiebewegung nicht gesinnungsbildend, zumindest nicht explizit. (Aus: Claudia Kohli Reichenbach: Grüne Spiritualität – Auf Spurensuche in der Ökologiebewegung, In: „Gott in der Klimakrise„)
Nehmen wir mal an, es gäbe ein Spannungsfeld zwischen den Haltungen des „Genug ist nicht genug“ und „Christlicher Genügsamkeit“: Welche Seite wäre attraktiver, „richtiger“?
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