Krisen, die uns betreffen: Wollen wir untergehen?

So ein Wahlsonntagabend geht schnell vorbei, besonders wenn man bei „AnneWill“ die Augen schließt und in einen tiefen Schlaf fällt.

Dass die Landtage Sachsen und Brandenburg nun ohne FDP klarkommen können, sei der Regulierung durch „Marktkräfte“ zu verdanken, lese ich am nächsten Morgen, nichts jedoch zu den Zukunftsplanungen der verbleibenen Altparteien – als ob es keine Klimakrise gäbe, als ob die Prognosen kein Gegensteuern verlangten.

Landwirtschaft war auch ein „vergessenes Thema“, doch

Mehr als 2 Bauernmeinungen unter einen Hut bringen geht nicht. … . Jeder schaut zuerst auf mich und mir und meins. … Für uns Landwirte ist momentan keine der etablierten Parteien wählbar. Alle Politiker hängen entweder am Tropf von irgendwelchen Lobbyisten die uns Landwirte weder … als … Menschen … ??? … noch als Wählerpotenzial ansehen. … mit der Diffarmierung der Bauern lässt sich offenbar mehr Kapital schlagen als mit „nicht lobbyistisch manipulierten Daten und Fakten“. …  Der Bevölkerung die wahren Fakten zu verheimlichen [ist einfach] … .

Diese Meinung (übersetzt etwa: „Landwirte sind gnadenlose Egoisten, die von der lobbygepäppelten Politik übersehen werden, und nicht in der Lage, selbst über ihre vielfältigen Probleme objektiv und dialogisch zu berichten) war sozusagen ein Dachbodenfund, beachtliche zwei Jahre alt, unter einem Fachartikel, in dem die eigentlichen Wahlgewinner vom Sonntag als „für Bauern nicht wählbar“ und landwirtschaftlich inkompetent erscheinen. So hatte die Sachsen-AFD sich

  • keine Flächenbeihilfe für Energiepflanzen
  • Wildtiermanagement statt Wolfsmanagement
ins Programm geschrieben, „Fläche, Beihilfe, Energie, Pflanzen, Wildtier-Wolf und Management sind also Partei-zentrale Begriffe, die Wortwahl für „Organisation, Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen“ (die  Handlungsalternativen voraussetzen) ist  so undeutsch wie die vorgesehene Wildtierbehandlung wischi-waschi.

„Landwirtschaft im Osten“ bedeutet in Brandenburg, dass an 644 Betriebe im Öko-Landbau auf 129.000 Hektar „… 25,5 Mio. € für das Antragsjahr 2016 ausgezahlt“ werden, neben den „regulären Zahlungen“. Was die Inhaber von einer Verlagerung der Geldströme durch Einführung der bedingungslosen Bio-Lebensmittelgrundversorgung  halten, dürfte vom Geldeingang auf dem Hofkonto abhängen.

Wo es im Gemüseanbau darauf ankommt, Gewächshäuser mit wenig Material und viel Volumen zu errichten, empfiehlt sich die Kuppelform. Mit solchen landschaftsgestaltenden Elementen gleichzeitig zu verbinden ist der Hinweis auf die Klimakrise, damit auch die letzten Atheisten sie nicht mehr für Gottgewollt halten 😉 Foto: Geodätische Kuppel von Richard Buckminster Fuller, CC BY-SA 3.0 by Eberhard von Nellenburg via Wikipedia

 

Große Chancen haben Grüne, in naher Zukunft (mit-) zu regieren. Das Konzept – ein wenig kurzatmig, zu wenig auf radikale Veränderungen aus, wenn auch Habeck sich gerne „revolutionär-gelassen“ gibt:

Tierhaltung … : Das Kükentöten soll beendet werden, Ringelschwänze von Schweinen sollen nicht mehr kupiert werden, Qualzucht soll es nicht mehr geben. … Ein großer Schritt wäre, wenn die Grünen sagten, wohin die kleinen Schritte führen sollen, …

 

Weil sich ja niemand das Fleisch auf dem Teller verbieten lässt, ob es qualitativ hochwertig ist oder nicht, sind hier Verbote verboten. Es geht folglich darum, die Alternativen zu den Fleischtellern, die vegetarischen und veganen Teller, als Alternative begehrenswert zu machen. Wer das wie und wann und wo bewirken soll ist offen.

„Grüner als Grün ist kaum denkbar“, hieß es jedenfalls kürzlich bei ZEIT-online. Unterschlagen wir aber nicht die – meiner Meinung nach – zentrale Prognose:

Auch in der Groko … fehlen der Mut und die Einfälle, das umzusetzen, was sie sich vorgenommen hat. Denn eine entschiedene Klimaschutzpolitik wäre eine Riesenanstrengung. Der Umbau der Energieerzeugung, der Landwirtschaft, des Verkehrs ist notwendig, wahrscheinlich sogar gleichzeitig. Gegen die Skepsis in Teilen der Bevölkerung und der Industrie, bisweilen sogar gegen Widerstand. Es wären die Hartz-IV-Reformen im Quadrat.

Wenn wir bei „Umbau“ nicht auch vom Wohnen – vom Heizen, Kühlen, von lebenswerten Quartieren sprechen, nicht vom Einzelhandel mit übertriebenen Waren-Ferntransporten, Verpackungen, die insgesamt zu irrsinnig großen Müllmengen führen, wenn wir die Nachhaltigkeitsfreiheit bei Textilien beibehalten und es nicht schaffen, die Milliarden, die unsere Urlauber an die Tourismusindustrie abführen, in öklogischen Nutzen um-zu kanalisieren, wird das nichts.
Wenn schon große Reform – „Hartz-4-hoch 2“ – müssen wir auch bis zum Kern der Sache vordringen und das, weil eine Egomanie die nächst jagt, überhitzte gesellschaftliche Klima kühlen.

„Wir brauchen nicht bessere Menschen, sondern eine bessere Politik“ sei eine grüne Devise,  die die Grünen wähbar mache, meint E. Reuther und lässt offen, wie uns der grüne Cocktail aus

  • Effizienzsteigerung in der Wirtschaft,
  • wirtschaftlichem Wachstum,
  • verlorenen Einsparungen (Rebound-Effekt) und
  • Wachstumskritik

bekommen wird:

„Niemand weiß, wie Wohlstand ohne Wachstum aussähe. Allerdings weiß auch niemand, wie eine durch die Erhitzung der Atmosphäre veränderte Natur sich auf die Wirtschaft auswirken wird.“

Inzwischen ist das bekannt: „Klimarettung: Alles auf einmal – Die Menschheit kann das Klima retten und den Wohlstand steigern – unter einer Bedingung: Sie muss radikal werden

Wenn die Zeit das schreibt, muss es ja stimmen – dachte ich früher schon mal, inzwischen sehe ich die „wenn – dann Bedingung“ als unbeweisbaren Hokuspokus aus der Trickkiste geschickter Magier an. Ich setze dagegen: Bei uns wird jedenfalls kein relevanter Teil der Bevölkerung umweltradikal – bis zum Beweis des Gegenteils 😉

 

Ich bin nicht der Meinung, dass „schon alles nicht so schlimm wie befürchtet“ werden wird, bin also skeptisch und ungeduldig, wenn Experten der ewiggestrigen Sorte sich um den Status der AFD „sorgen“ – sind die bürgerlich oder nicht, sind die „Faschos“ mit „Antifaschisten als natürlichen Gegnern“, doppelzüngig oder verlässlich:

Wenn man doch weiß (wissen sollte), dass „bürgerlich“ von antifeudal über bürgerlich, gutbürgerlich, kleinbürgerlich, spießbürgerlich, erzbürgerlich, staatsbürgerlich, von Bourgeois bis Neu-steinreich ein weites Feld ist und Faschismus per Definition eine Form der „bürgerlichen Herrschaft“,  kann man davon ausgehen, dass es nicht zulässig ist, alle, die das Parteibuch der gleichen Partei in der Tasche haben oder diese wählen  (als Ticket zu einem besseren Leben, zu mehr Macht, Anerkennung und so weiter) als gleich verdorben zu betrachten, auch, weil nicht alle aus dem gleichen Holz geschnitzt sind. Bekannt ist zudem, dass es Wut- und Hutbürger gibt 😉

Vor allem: Solche Nebensachen halten auf, bedingen das „Weiter wie gehabt, wir kommen ja auch nicht dazu, essentiell etwas zu ändern“. Was dem Vorurteil, bürgerlich sei bedingungslos anständig folgt, muss sich im begrifflichen Hamsterrad drehen: Baylon lässt grüßen.

Jederzeit kann man mit Unkenrufen schlechte Stimmung verbreiten:

Bei der Reichstagswahl vom 6. November 1932 wählten fast 67% der Deutschen NICHT die NSDAP.

4 Monate später war Hitler Kanzler.

Solche Vergleiche gestern – heute beweisen allerdings gar nichts. Die Situation ist wie auf einem sinkenden Schiff: Die einen sagen: Alles in Ordnung. „Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff“. Die anderen: „Wir haben einen Maschinenschaden“. Eine weitere Meldung: „Schwelbrand auf der Brücke“. Das Sicherheitspersonal ist mit der Festnahme blinder Passagiere beschäftigt, und Meldungen über Wassereinbrüche gelten als unbestätigt. Derweil laufen Passagiere auf dem Oberdeck im Kreis, in der Sportgruppe „Mitlaufen gegen den Untergang“. Die Funkverbindung zur Reederei ist gestört, eine unbeflaggte Fregatte hält direkt Kurs auf unser Kreuzfahrtschiff.

Gleichzeitig ist das „Kommando Heinz-Hein Blöd“ bereits an Bord und will den Dampfer  kapern.  Die Gruppe hat sich als „seriöse Piraten“ getarnt: Blaues Jacket, helle Hose, weißes Hemd, schwarze Lederschuhe, rasierter Schädel augenklappenfrei. Der Kapitän liegt mit einer  Überdosis Beruhigungsmittel in der Kabine, wird aber vom Schiffsarzt betreut. Anweisungen gibt scheinbar Alice,  die erste Steuerfrau per Videokonferenz – in Wahrheit hat der Medienspezialist der Kampfgruppe Heinz-Hein Blöd ein Video der letzten Notfallübung eingespielt, und die Umstände des aktuellen Notfalls sind gänzlich Andere.

 

Wir ahnen, wie die Geschichte ausgeht.  Wir sind nicht in einer fiktiven Geschichte, die man beliebig umschreiben kann, doch gefühlt sind wir auch auf einem sinkenden Schiff: Dazu trägt das allgegenwärtige Waldsterben bei, die erlebbare Wettersituation, das Wissen um gesunkene Grundwasserspiegel, das merkliche Weniger an Vogelgesang. Ein detaillierter, aktueller Rettungsplan liegt nicht vor. Machbar wäre, dass jede(r) an ihrem/seinem Platz das leistet, was sie/er kann.

Ich habe kürzlich ein vorläufiges Konzept „progressive Tafelrunden“ vorgestellt – hierbei ist zunächst Mit-Engagement im Raum (zwischen) Frankfurt-Wiesbaden-Limburg gewünscht!

 

Zum Beispiel: Das Grün in der Kommune

Fachgebietsspezifische regionale Räte erhalten administrative Rechte. Ein Rat für Pflanzungen im öffentlichen Raum  kann ein Verbot von

 

Steingärten

erlassen. Vermutlich sind die Umweltstoffel, die solche Steinereien veranstalten, nicht unter den Lesern, oder sie verniedlichen die Umweltzerstörung. Oder es sind enttäuschte Wähler, die an das „Blühende-Landschaften-Versprechen“ zurückdenken mit einem „dann halt nicht“, und aus einem gewissen Trotz heraus Flächen versiegeln.  Aus dem Straßenbau bekannt sind Verfahren, auf nackten Felsen Bewuchs durch Aufbringen eines Nährsubstrats mit Grassamenmischung per Hochdruckspritze aufzubringen – das ist die schnellstwirkende Sofortmaßnahme.

 

Alles andere könnte schwierig werden

Das kleine Beispiel mit den Steingärten habe ich aus rein subjektiven Gründen gewählt – nun zu sagen: „Es gibt wichtigeres“ würde ich für ignorant halten: Das Braunkohlekraftwerk xy stillzulegen ist genauso wichtig wie, dass Nachbar baldmöglichst sein Zweitonnenauto verschrottet oder drosselt und der Landwirtschaft/Landschaftspflege als Traktor zur Verfügung stellt, denn es geht um „bessere Luft“ (Co2-Neutralität)  überall, also auch im Detail. Mit weniger Futtermittel- und „Energiepflanzen“-Abau könnten ein paar Hektar renaturiert werden…

Die Zukunft der Klimakrise wird sich auch an den Details entwickeln – Wenn die Tausende von Urwaldfeuern je individuell gelegt wurden, ist der brennende Urwal auch eine Summe von Detailfragen. „Detailfragen“, die sich wiederholen können: „Wie komme ich von dem Dorf, wo ich wohne, zu einem Termin in der nächsten Stadt?“ Dazu sagt die Politik, dass der ländliche Raum gefördert werden müsse. Das ist, wie Essen servieren, und den Gast nur schnuppern lassen; mit dem Verkünden einer vermeintlichen Absicht ist es nicht getan.

 

Leseempfehlung:

http://hot-climate-topics.net/2019/08/18/die-grunde-fur-unser-versagen-in-der-klimakrise-gehirnstruktur-und-technologieglaubigkeit-oder-bis-zum-hals-in-der-scheise-und-keine-strasenbahn-in-sicht/

 

Eine Einschätzung:

Im Bereich „Ernährung“  hat sich eine Art Teufelskreis gebildet aus einer wechselseitigen Starre, in der die Konsumenten sich darauf verlassen, dass die Politik / die Regierung [verantwortlich] die Umstände in der Tierhaltung und Nahrungsmittelindustrie ändern würde, wären sie [die Verhältnisse] tatsächlich so schlimm wie in den Medien beschrieben.
Die Politiker wiederum sehen aufgrund des unveränderten Konsumentenverhaltens keinen Handlungsbedarf.

Vergleiche: BUND Hessen,

Warum und wie – Ernährungsreform
Schlussfolgerung:
Wenn die Politik so träge ist, wie sie ist, müssen die Impulse von „unten“ kommen. Ob wir unsere Lethargie oder unsere Apathie auf den Misthaufen der Geschichte werfen, ist nicht entscheidend – Hauptsache, wir werden initiativ!
Für das Umweltfiasko, das die Konsummenschen auf dieser Erde anrichten, hatte ich häufig den Vergleich mit dem Irren, der an dem Ast, auf dem er sitzt, sägt.
Auf das Bild vom sinkenden Schiff bezogen, geht es darum, zu retten, was zu retten ist, statt weiter den Rumpf anzubohren. Man kann aber auch annehmen, dass „die mit dem Kommando“ die Orientierung verloren haben – was die Problematik verschlimmert. Man kann ebenso annehmen, dass bei Mannschaft und Passagieren eine gewisse Verwirrung herrscht – wobei die meisten versuchen, sich nichts anmerken zu lassen.

 

Ein anderes Thema aus der Audiothek:

Rafik Schami: Die geheime Mission des Kardinals 

 

Ernährung/Gesundheit:

Tomaten-Rezepte vom Veggie-Kochevent

https://www.psychologytoday.com/us/blog/our-humanity-naturally/201908/the-secret-successful-weight-loss

 

harm reduction
Dr. Falk kiefer

https://www.ardaudiothek.de/iq-wissenschaft-und-forschung/ist-weniger-mehr-das-dogma-der-totalabstinenz-bei-alkoholikern-kippt/59184746

 

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