Twitterabstinenz – Von Habeck und Diäten

Diese Angst, in den Spiegel zu schauen, weil der anfangen könnte, zu sprechen, und dann vielleicht sagt: „Nein, Du bist nicht schön“ heißt Dysmorphophobie und hat mit „Robert Habecks Angst, in den Spiegel zu schauen“ fast  nichts zu tun.

Robert Habeck hat diese Abneigung, weil die sozialen Medien zu dieser Angleichung im Sprachstil führen, die ihn bei „Demokratisch in Thüringen“ „Bleiben“ und „Werden“ verwechseln ließ – wir könnten auch annehmen,  dass der Versprecher ausdrückt, was der Sprecher eigentlich meinte – warum denn auch nicht, und die GRÜNEN bringen dem Osten doch die rechte Antwort auf den Spätkapitalismus, seien wir doch mal ehrlich!

„Twitter ist“, schreibt Habeck, „wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze.“

Sicher – diese Meinung ist zugleich böse Verallgemeinerung. Es gibt im Print-Bereich die BILD. Ist die harmlos? Pro Jahr gibt es bei einem durchschnittlichen Fernsehkanal zehn mal mehr Morde als in der Realität.

Es gibt auf Twitter sogar Leute, die ihren Lesern regelmäßig einen schönen Tag wünschen, Blümchen- und Katzenbilder posten, Witze weitererzählen. Oder Blogger, die hier auf neue Blogbeiträge hinweisen. Oder mal ein Konzept für deutlich mehr Bio-Produkte aus unserer Landwirtschaft, ganz ohne Zwangsökologisierung, eher als „new green deal“.

Sauerkraut zu promoten, hat nichts mit Spaltung zu tun – solange das nicht im Sinne eines „entweder – oder“ stattfindet.

Häme gibt es reichlich – da schrieb eine Diplomspychologin, wie vorteilhaft es doch sei, wenn „Digitalisierung“ an die Schulen kommt, weil dabei die Lehrer mal von den Schülern lernen könnten! Oder so ein wirrer Öko meinte zu einer Meldung, dass der Klimawandel die Kaffeeerträge kürzen wird, das sei aber schade, dass Habeck das jetzt nicht re-tweeten könne!

Sich wegen der Häme im Netz auszuklinken, beurteilt die „Süddeutsche“ so:

„Das ist eine wunderschöne Antwort, die all jenen gefällt, die soziale Medien eh für Unsinn und Selbstbespiegelung von Narzissten halten. Dabei ist die Antwort vor allem: unterkomplex und falsch.“

Da wird es auch nicht helfen, den Journaliste um Auskunft zu ersuchen, was er unter einem Narzisst versteht; den Passus zu entwirren, wird jedoch keinen Sinn ergeben.

Wilde Horden, die sich bei Twitter mit bestellten Hass-Posts ihr Taschengeld aufbessern, sind vielleicht die größte Gruppe, die sich beim „shitstorm“ beteiligt – wäre das ein Geheimnis der Internet-Kriminalität, dann eines, das unsere Ordnungsorgane nicht nachvollziehbar hindern.
Geltungssüchtige Gelangweilte, die nichts besseres zu tun haben, als ihren Hassgefühlen auf „irgendwas“ ein Ventil zu suchen, könnte es auch geben.

Allerdings stellen die Strukturen sich aus der Promi-Perspektive anders dar.

Ein eigenes Weblog hat Habeck nun noch; das kommuniziert zwar nicht mit anderen Blogs und lässt keine Kommentare zu – muss es ja nicht. Das ist mehr so die Stimme seines Herrn, also ein Einbahnstraßen-Kommunikationssystem, aber so ist die Politik:

Wieder da der #Agraratlas der ⁦@boell_stiftung⁩ , klar wir brauchen eine #Agrarwende + #Ernährungswende.

So twittert Frau Künast, das ist ihr Dienst am Wahlvolk, als Volksvertreterin.

Resi de Ruisscher, Bio-Bäuerin seit 19 Jahren, schrieb von ihren Sorgen um ihre Galloway-Haltung: Über die und die Frage, ob die Tiere einen Unterstand brauchen, oder ob ein gewachsener Wetterschutz ausreicht, hatte sogar der NDR berichtet – die ex-Verbraucherministerin Künast hatte keine Antwort für die Bäuerin. Auch Robert Habecks Engagement für ein klimagerechtes Lebensmittelsystem ist auffallend unauffällig: Also doch in Konvention erstarrt?

„Mit Twitter ist kein Staat zu machen“ resümiert die ZEIT, lästert über den „Fetisch der Dauerkommunikation“, doch

 „Inzwischen können soziale Medien selbst auf eine Geschichte zurückblicken, … voller Brüche und negativer Erfahrungswerte, verworfener Annahmen, haltlos twitternder US-Präsidenten und anderen retardierenden, besorgniserregenden Elementen, zu denen auch der aktuelle Datendiebstahl gehört.“

So ein Rückblick kann wichtig sein, doch mangels Bewusstsein ist er den „sozialen Medien“ selbst nicht möglich. In guter alter Tradition soll auch hier der Nachrichten-Empfänger ahnen, was der „Sender“ gemeint hat…

Aktuell ist der Social-Media-Markt allzu monopolisiert und treibt quasi unbeaufsichtig und unversteuert sein (Un-)Wesen. Eine ähnliche Situation liegt bei den Suchmaschinen und damit verwandten „Diensten“ vor. Bill Gates, der UR-IT-Milliardär, ertrinkt schier im Geld und lässt Toiletten konzipieren. Mark Zuckerberg würde aus Wikipedia wahrscheinlich einen Goldesel machen – doch das ist eine andere Geschichte.

Für die Prognose, dass der Kampf um Beachtung („Aufmerksamkeitsökonomie“) endlos fortgesetzt werden wird, braucht es keine prophetischen Fähigkeiten.

Habecks Rückzug: Hochmut im Namen der Grünen

In der Größe seiner Demut will sich Habeck von niemandem übertreffen lassen. Tatsächlich demütig wäre gewesen, zu sagen, ich bin nicht besser als andere – und mache weiter.

So stand es bei maz-online.de, reichlich psychologisiert, mit dem Hinweis auf möglichen Hochmut in der Demut gerade noch nachvollziehbar – aber das müsste schon Habeck selbst bestätigen, das wäre ein anderer Politikstil, denn das Spiel „Ich bin rein und fehlerfrei wie frisch aus dem Kochwaschgang“ spielen ja alle.

Habeck ist momentan gerade wegen seines Rückzugs sozialmedial überpräsent, und alle machen mit, nur er – eigentlich nicht. Nicht, wo es um eine „Vernetzung“ geht, um Kommunikation ohne Hürden und „auf gleicher Augenhöhe“: Da gibt es immer Einige, die gleicher sind.

Inzwischen ist bekannt, wer die sensiblen Daten von 50 „Fällen“ via Twitter verbreitet hat – daher kam ja Habecks große Kränkung, die er Twitter zugeschrieben hatte.

Es geschah in Homberg (Ohm)“, und die Bürgermeisterin deutet eine Misere noch einmal positiv um, wohl auch, um dem jugendlichen „Täter“ nicht die Zukunft zu verbauen, also verantwortlich irgendwie ihm eine Perspektive offen zu halten. Im weitesten Sinne ähnliche Fälle hatte Alice Miller dazumal in ihrem Buch „Das Drama des begabten Kindes“ geschildert. Der Zusammenhang: Überhöhte Erwartungen und zu viel Egomanie bei den Eltern. Nur das Beste fürs Kind, das ansonsten selbst wissen muss, was es (werden) will. Ich habe hier vielleicht übertrieben.

„Nudeln mit Grün“ – das ist ein eigentlich recht komplexes Rezept mit langem „Vorlauf“, weil gewisse Essensreste – hier also ein Feldsalat-Spinat, der mit Kapern-Creme wie ein Pesto wirkte,  dazugehören. Geschmackssentscheidend auch hochwertiges Olivenöl und eine Spur „trockener Ziegen-Feta“ neben dem fein geriebenen Berg-Heumilchkäse. Richtig rund wird das Ganze auch erst mit frischen Nudeln. Grün ist es wegen der leicht angebratenen Frühlingszwiebel und der Kresse, und vermittelt mitten in so einem wieder mal atypischen Winter ein wenig Zuversicht, dass es einen Frühling geben wird. „Europäisch“ ist es auch, weil das Olivenöl, das subtil zum Gesamt-Geschmackseindruck beigetragen hat, „aus der Region“ kommt, die in alt-römischer Tradition bis Tunesien reicht.

 

 

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