Dekadenz und Gift, First Lady’s Salat, Zucker-Kinder, Vorher-Nachher-Werbelügen
Geschrieben am 20. Mai 2018 von KPBaumgardt
Als ich nach ein paar Impressionen zu „#Ernährungskonferenz“ gesucht habe, musste ich doch staunen:
Für Regierungsmitglieder und Prominente hält man im VIP-Restaurant Marocco bei plätschernden Springbrunnen Langusten in Vinaigrette und Foie gras bereit. Abends stürmen Delegationen aus 182 Ländern die Restaurants zwischen Kolosseum und Pantheon und flanieren vor den vollen Nobelhotels der Via Veneto. Auch Besuche in Roms teuersten Boutiquen in der Via Condotti fehlen nicht. Die Senegalesen kaufen bei Valentino, der Präsident von Ruanda beim Nobelschneider Battistoni.
Nun ja, das war 2002 in Rom.
Dabei finden wir auch Belege, dass auf Ernährungskonferenzen ungesund gelebt wird:
Es ist ein bisschen ironisch, dass man hier so viel Cola und salziges Gebäck kriegt – bei einer solchen Konferenz, fast nur Sandwiches und so. Ohne auf Diät zu sein: es könnte einfach ein bisschen ausgewogener daherkommen.
Das bezog sich auf eine Europäische Ernährungskonferenz in Madrid. „Cola“ gehörte hier zu den Sponsoren – klar, die bewerben ja auch eine gesunde Lebensweise, mit viel Sport, ermöglichen sogar Olympiaden…
Es gibt offenbar eine Auffassung, wonach man so viel Zucker zu sich nehmen kann, wie man will – Hauptsache, man verbrennt ihn, ehe er als Fett eingelagert wird
2017, in Mailand, kam sogar der Amerikanische Ex-Präsident Obama,
Michelle Obama, die First Lady, hatte ja stets für ausgewogene Ernährung geworben…Bei der First Lady gibt es immer „Salatteller“, viel frisches Grün, so eine häufige Vorstellung„… warnte auf dem Kongress, bei dem es um neue Technologien für die Ernährungssicherheit geht, dass weltweit 800 Millionen Menschen an Unterernährung litten. Unterernährung und Klimawandel würden zu den Ursache der massiven Flüchtlingswelle zählen.“
Wir sehen, nicht in jedem Ernährungskongress ist auch drin, was draufsteht. Die Ernährungslage hat sich kaum je durch einen Kongress gebessert, steckt die Politik sich Ziele, verfehlt sie sie auch – wie bei den „Klimazielen“.
Dieses Jahr in Kassel sollte es nicht so dekadent wie in Rom zugehen, sollten Ergebnisse und nötige Veränderungen die Kongress-Ernte sein. Deutsche Ernährungsrichtlinien werden maßgeblich von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung definiert – und da geht es etwas altbacken zu:
Ein kurzer Ausschnitt aus dem DGE-Lehrplan, zufällig innerhalb 60 Seiten gefunden.Wir finden immer noch die längst überholte These vom „Gift Koffein“ und, was die Lebensmittel-Gifte betrifft, wird Quecksilber erwähnt. Ist das nicht schon seit Jahrzehnten allgemein bekannt? Wer isst heute noch freiwillig Dorschleber, so lecker sie mal gewesen sein mag? Und einmal Waldpilze pro Jahr, oder auch ein Stückchen strahlendes Wildschwein, werden auch von den Risikobewertern als tolerabel gewertet…
Der überaus gefährliche Alkohol darf inzwischen nicht mehr die Bekömmlichkeit eine Biers behaupten, dass manche „Nahrungsergänzungsmittel“ wegen ihrer „garantiert“ schlankmachenden Wirkung beworben werden, rügt und lehrt niemand zu tadeln.
Hier ging es um 20 Kilo in 90 Tagen für weniger als zuvor, oder so ähnlich – natürlich absolut unrealistisch, aber Hauptsache, die Kasse stimmt.Geht auf dem Ernährungskongress jemand auf die Bodenbelastungen ein – wo doch der Boden, abesehen von Hydrokultur, absolut die Grundlage für gesunde Nahrung ist, die unsere Gesundheit fördern soll?
Die Zeitbombe tickt! Bodenbelastung ist allgegenwärtig. Sei es durch #Cadmium in #Düngern, durch #Pestizide o. #Antibiotikaresistenz Keime. Böden müssen endlich international geschützt werden. D darf eine EU-#Bodenschutz-Richtlinie nicht länger blockieren.
So setzt jeder seine Prioritäten, für alles gibt es Spezialisten. Bei Slow-food etwa ist man auf genussvolles Essen im Bewußtsein alter Traditionen „zuständig“, aber auch für die Produktionsbedingungen, Greenpeace warnt vielleicht vor Palmöl, das in der Lebensmittelindustrie ja reichlich verwendet wird – gibt es einen Vortrag dazu, beim Ernährungskongress?
Der gleiche Salatteller wie oben, komplett, bis auf die Kräuter.
Ohne Wenn und Aber gab es „bereits“ 2016 die Empfehlung, auf Zuchtlachs zu verzichten – das ist aber derart mangelhaft weiterkommuniziert worden, dass der Zuchtlachs-Absatz steigt und steigt…
Mag der auf golden glänzendem Warenträger eingeschweißte Zuchtlachs noch so lecker schmecken – natürlich könnte man dem breiten Publikum diesen Pseudo-Genuß vergällen – weiß man erst mal, dass die fettige Deilkatesse für die Massen Pflanzenschutzmittel, Farbstoff und Antiobiotika enthält, stellt sich eine gewisse Zurückhaltung beim Kauf langsam, aber sicher ein.
Medizinisch gesehen, brauchen wir zwar die Omega-Fettsäuren – dafür gibt es Algen, die den „Schmierstoff“ umweltschonend und schmerzfrei herstellen. Man muss nur wenig in deren Zucht investieren. Wer, wenn nicht die Ernährungsmdiziner, sollte die hierfür nötige Lobbyarbeit leisten?
Man kann Bäume pflanzen oder Bäume fotographieren plus zu Umweltaktionen aufrufen („Schallschutzwände, Portale, Mauern, Zäune gehören begrünt. Rank-und Schlingpflanzen sind wertvoll und wirkungsvoll, pflegeleicht, dauerhaft und natürlich!“)
Das hat so viel mit dem Schutz der vom Menschen modifizierten Natur zu tun, wie den Fleischverbrauch zu senken und weniger Auto zu fahren und zu fliegen. Weil doch schon die Kanzklerin den Bienenschutz in den Bundestag einbringt (oder ist das nur ein gelungener Show-Effekt?), sind wir auf dem Feld der Politik:
Ärzte, Krankenkassen und ein Verband stellen die Forderung, eine Zuckersteuer zu erheben.
„Wir haben keine Geduld mehr“
– damit soll wohl die Dringlichkeit der Forderung unterstrichen werden, und dass „Geduld“, Abwarten, Ertragen und Aushalten bei unhaltbaren Zuständen das richtige Rezept wären, wird auch niemand behaupten.
Die Ärzte und ihre Unterstützer fordern von der Bundesregierung:
- eine verständliche Lebensmittelkennzeichnung in Form einer Nährwert-Ampel
- Beschränkungen der an Kinder gerichteten Lebensmittelwerbung
- verbindliche Standards für die Schul- und Kitaverpflegung
- steuerliche Anreize für die Lebensmittelindustrie, gesündere Rezepturen zu entwickeln
Die ärztlichen Forderungen entsprechen sicher dem besten Wissen und Gewissen, ich finde es allerdings nicht nachvollziehbar, warum die Lebensmittelindustrie noch eine Prämie dafür bekommen soll, dass sie ihre Aufgabe erfüllt.
Aber, wenn auch die verhätschelte Auto-Industrie Zuschüsse bekommt, damit sie funktionierende E-Autos entwickelt, gewöhnt man sich an das Geschäftsmodell – und diese Gewöhnung wirkt sich positiv auf die Geduld aus. „Wir sind doch aktiv geworden und haben etwas gefordert…“
Dabei ist die Forderung nach einem Verbot von Süßigkeiten-Werbung, die sich an Kinder richtet, unbedingt zu unterstützen.
Sinnvoll ist auch, solche Waren aus dem Warenangebot zu verbannen, in Chile geht das in wichtigen Bereichen. Allianzen mit Kinderschutzbund oder Pädagogenverbänden, mit Ernährungsfachleuten und Eltern-Gruppen könnten der Politik eher eine Richtung zeigen als die Forderung nach der „politisch mißliebigen“ Zuckersteuer.
Wer aus den bekannten Gründen Beschränkungen bei der Werbung, die sich an Kinder richtet, fordert, sollte diese Einschränkung auch für Werbung, die sich an Erwachsene mit kindlichem Gemüt richtet, einklagen.
Sicherlich ist „Diät-Mittelchen-Werbung“ häufig lächerlich, dennoch generiert sie Umsatz – sonst würde sie nicht geschaltet. Diese Werbung pflanzt falsche Vorstellungen, schädliche Ideale ein, führt zu Verunsicherung und Selbstwert-Störungen. Sie ist toxisch!
Die Kita- und Schulverpflegung vorrangig zu demokratisieren, statt überzuregulieren, kann auch zu „mehr Bio“ führen, aber auch zu mehr Bewusstsein in der Bevölkerung für die enormen Agrarsubventionen, die eher bei großen Investoren als bei den regionalen Erzeugern „landen“.
Nebenbei müsste man sich aus einer verantwortungsbewussten Position heraus auch dem Problem widmen, dass selbst Kinder, die Zugang zu einem Schulgarten haben, nichts über den Lauf der Natur lernen, so lange der Schulgarten in der produktivsten Zeit des Gartenjahres einfach „Pause“ hat. Das ist pädagogischer Irrsinn, dem der Ärztetag mit allzu viel Geduld gegenübersteht.
Hier lässt sich der Bogen weiterziehen, mit dem afrikanischen Sprichwort
„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“
Das heißt auch, dass selbst in Zeiten der Ganztagsschule die Schule längst nicht alles leisten kann. Wenn die (Familien-)Politik die Familie dahingehend unterstützen könnte, dass die Familie wiederum die Schule unterstützt…
Das kann man genausowenig fordern wie eine Beteiligung von Ärzten, Apothekern oder des Bürgermeisters an der Schulgartenarbeit – zu sagen, dass etwas mehr Engagement schön wäre, ist das „Schärfste“, was hier zu sagen bleibt. Oder brauchen wir eine Reform bei den Ernährungsberatern, wobei ihnen noch ein zusätzliches Modul „Gartenberatung“ aufgebrummt wird?
Damit hätte man immerhin ein öffentlichkeitswirksames Feld für den Berufsstand, aus dem noch viele „Influencer“ hervorgehen könnten.
Was die Ernährungsmedizin leisten könnte, zeigen beispielsweise die „Fernseh-Ernähruungs-docs“ – dass eine ZDF-Doku „McDonald’s gegen Burger King“, allerdings aus 2014, über eine Million Abrufe hat, deutet so ungefähr an, was das Publikum interessanter findet.
Hat eigentlich weder mit Hamburg noch Bürger zu tun: Voll bepacktes Körnerbrötchen – Pesto, Spinat, Kräuterseitling, Tomate, Senf, Zwiebel, Käse – damit könnte man auch gut eine Pizza beschicken…
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