Mehr Grips mit Joghurt?

Bei Heise.de hat man sich ganz vorsichtig an das Thema herangetastet:

US-Wissenschaftler wollen nachgewiesen haben, dass regelmäßiger Verzehr von probiotischem Joghurt Hirnaktivitäten verändert, und ziehen weitreichende Schlüsse

Aber über eine Studie mit interessanten Ergebnissen nicht zu berichten – geht nicht.

Zunächst: Das Darmhirn

Dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Gehirn gibt, ist bekannt. So senden viele Nervenzellen des Darms Signale über den Vagusnerv an das limbische System, das mit Gefühlen zu tun hat, es gehen auch Nervenbahnen vom Gehirn zurück. Manche Forscher sprechen von einem Darmhirn, das dem Kopfgehirn neben Schmerzen, Hunger- oder Sättigungssignale u.a. auch Informationen über die Zusammensetzung der Darmflora mitteilt.

m Bauch verbirgt sich das Darmhirn, das zahlreiche Funktionen übernimmt. (Paladin27 | flickr | cc by-nc 2.0)

“Der Bauch fühlt mit” hatte dradio.de kürzlich auch getitelt –

Die wachsenden Erkenntnisse über das Darmhirn verändern das Verständnis vom bisherigen menschlichen Nervensystem. Wir sind mehr als das Gehirn in unserem Kopf.

Mit einem geschätzten Umfang von mehr als 100.000.000 Nervenzellen, ähnlich dem menschlichen Rückenmark, und identischen Zell- und Neurotransmitter-Typen wird das riesige Nervengeflecht im Darmbereich immer stärker als ein zweites Gehirn anerkannt.

Auf Portionsdiät.de hatte ich kürzlich ähnliche Fakten zum Darmhirn zusammengetragen, so dass das Folgende nicht mehr verwundert:

Die Wissenschaftler glauben, nun erstmals auch bei Menschen gezeigt zu haben, dass nicht nur das Gehirn Signale zum Darm sendet, die sich auf diesen auswirken, wenn man beispielsweise Angst hat oder unter Stress leidet, sondern dass der Darm auch umgekehrt Signale an das Gehirn sendet und dieses beeinflusst. Es handelt sich also um eine Zwei-Wege-Kommunikation.

Das Darmhirn ist mit dem limbischen Systems des “Haupthirns” verbunden, so dass die Informationen, die da ausgetauscht werden, unbewusster Natur sind.

Wenn die Studie verzerrst ist, weil drei Wissenschaftler, die an der Studie beteiligt waren bei Danone Research angestellt, müssten das Andere prüfen.

Offenbar lässt die Studie nur vage Interpretationen zu, etwa

dass die Veränderung der Darmflora durch den Joghurt zu Veränderungen in zahlreichen Arealen, auch solchen, die sensorische Reize verarbeiten, führt. Möglicherweise kann man also durch eine Umstellung der Ernährung direkt Teile des Gehirns beeinflussen, aber welche emotionalen, sensorischen oder kognitiven Auswirkungen etwa der Verzehr von probiotischem Joghurt hat, geht aus der Studie nicht hervor.

Wenn Emeran Mayer, Professor für Medizin und Psychiatrie und führender Autor der Studie, nun noch erwähnt, dass es nicht nur auf den Yoghurt, sondern auch auf dessen “Grundlage” ankommt, dass es also einen Unterschied macht, ob man sich extrem eiweißreich oder ballaststoffreich ernährt, war das sicher nur der Vollständigkeit halber – oder wegen der längst üblichen Unterscheidung zwischen prä- und probiotischen Lebensmitteln.

Eine Spekulation gibt dann aber auch Grund zur Sorge:

Es könne umgekehrt auch sein, dass die Einnahme von Antibiotika, die die normale Darmflora schwer beeinträchtigen, bei Kindern etwa auch langfristige Folgen für die Gehirnentwicklung haben könnten.

Und natürlich wird diese Möglichkeit schnell wieder verdrängt (bei Heise.de): Die Forscher wollen sich nur wichtig machen und weitere Forschungsgelder…

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