Blutzucker und glykämischr Index

Studie: Niedriger glykämischer Index senkt Blutzucker bei Typ-II-Diabetikern

Kohlenhydrate, die den Blutzucker nach den Mahlzeiten langsamer ansteigen lassen, haben in einer randomisierten Studie im Amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2008; 300: 2742-2753) den HbA1c-Wert deutlicher gesenkt als eine konventionelle Diabetikerdiät.

Der glykämische Index beschreibt die Auswirkungen von Kohlenhydraten auf den postprandialen Blutzucker.

Als Referenz wird Traubenzucker (Index 100) genommen, der als Monosaccharid ohne enzymatische Spaltung aus dem Darm resorbiert wird und zu einem schnellen Blutzuckeranstieg führt.

Den niedrigsten glykämischen Index haben schwer aufschließbare Kohlenhydrate aus Bohnen, Erbsen, Linsen, Nudeln, kurz gekochter Reis sowie einigen Brotsorten (Pumpernickel) und Frühstückszerealien.

Linsen
Das Konzept wurde Anfang der 80er-Jahre von dem Ernährungswissenschaftler David Jenkins, Universität Toronto, entwickelt und wird auch von vielen deutschen Diabetologen anerkannt. Im Prinzip beruht die Wirkung des Diabetesmittels Acarbose, das im Darm die Hydrolyse von Mehrfachzuckern hemmt, ebenfalls auf diesem Prinzip.
Während die Wirkung des Medikaments durch Studien belegt ist, blieb der Nutzen einer Diät mit niedrigem glykämischen Index umstritten. Es waren nur einige Kurzzeitstudien mit wenigen Teilnehmern durchgeführt worden.

Jetzt liegen die Ergebnisse einer ersten größeren randomisierten Studie vor, zu der Jenkins 210 Teilnehmer mit Typ-II-Diabetes mellitus eingeladen hatte.

Die Diabetiker wurden von den Diätassistenten angehalten, entweder eine Diät mit niedrigem glykämischen Index oder eine konventionelle Diabetikerkost einzuhalten, die den Schwerpunkt auf einen hohen Anteil an Ballaststoffen legt (zum Beispiel „braune” Nahrungsmittel wie Vollkornbrot und -zerealien, brauner Reis, ungeschälte Kartoffeln). Die Teilnehmer der Jenkins-Diät erreichten einen glykämischen Index von 69,6, bei der Vollkorndiät betrug er 83,5.

Am Ende der sechsmonatigen Studie hat sich die Jenkins-Diät als überlegen erwiesen.

Der HbA1c -Wert, Maßstab für die langfristige Blutzuckereinstellung, war von 7,14 auf 6,64, also um einen halben Prozentpunkt gefallen, aus diabetologischer Sicht ein beachtliches Ergebnis, auch wenn alle Teilnehmer weiter orale Antidiabetika einnahmen. Dies war allerdings auch in der Vergleichsgruppe zur Vollkorndiät der Fall.
Dort sank der HbA1c -Wert von 7,07 auf 6,89, also nur um 0,18 Prozentpunkte. Auch auf den HDL-Cholesterinwert wirkte sich die Jenkins-Diät günstig aus. Der Wert stieg um 1,7 mg/dl, während er in der Vollkorngruppe um 0,2 mg/dl fiel, sich also tendenziell verschlechterte.
Jenkins fühlt sich durch die Ergebnisse der Studie in seiner Ansicht bestätigt, dass die Verlangsamung der postprandialen Glucoseresorption durch Nahrungsmittel mit einem niedrigen glykämischen Index einen sinnvollen Beitrag zur Behandlung des Typ-II-Diabetes mellitus leistet.

Bei dieser Meldung von  aerzteblatt.de (Mittwoch, 17. Dezember 2008 ) geht es in typischer Weise mal wieder um einen einzelnen, isolierten Faktor. Was hier bewiesen wurde, war eigentlich schon von Anfang an klar, die weitere Frage wäre, ob die „neuen Erkenntnisse“ zu irgendwelchen Konsequenzen führen. Immerhin – wir haben einen neuen Begriff: Die „Jenkins-Diät“.

Nachtrag:

Sehr konservativ gibt sich die Bundesanstalt für Risikobewertung (BfR):

In der Jenkins-Studie bleiben noch einige Fragen offen: Sie gibt keinen Aufschluss darüber, ob die Vorteile einer Kost mit niedrigem glykämischen Index unabhängig von den Ballaststoffen zu betrachten sind. Denn der Maßstab „niedriger glykämischer Index“ alleine genügt nicht, um Lebensmittel zu empfehlen, da diese wiederum viel Fett enthalten können. Ebenso ist die Bestimmung des glykämischen Index unklar, der von vielen variierenden Faktoren abhängt, und für den es keine einheitliche Klassifizierung gibt. Aus diesem Grund hält das BfR den glykämischen Index für kein geeignetes Instrument, auf dessen Grundlage Ernährungsempfehlungen ausgesprochen werden sollten.

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4 Kommentare zu “Blutzucker und glykämischr Index”

  1. Jegliche Auswertung von den allbekannten „Diäten“
    sind meist nur über 1-2 Jahre.
    Meistens steigt das Gewicht hinterher weiter an.
    Der glykämische Index ist aber speziell in der Typ2 Diabetikergruppe interessant!

  2. Die Glyx-Diät hab ich an anderer Stelle schon mal besprochen; der für Diabetiker ganz günstige Effekt im Gegensatz zur bisher empfohlenen Diabetes-Kost was da Neue, um das es mir hier ging.

    Na ja, und sogar den Artikel Wunschgewicht ohne Diäten, aber mit Diät gibt es hier schon… 😉

  3. […] LOGI bedeutet Low-Glycemic-Index, also niedriger glykämischer Index. Der Glyx soll Informationen über die Auswirkungen von Nahrungsmitteln auf den Blutzuckerspiegel geben (vgl: Blutzucker und glykämischer Index). […]

  4. […] Blutzucker und glykämischr Index […]

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