Plädoyer für Freie Diät (1)
Geschrieben am 7. Juli 2024 von KPBaumgardt
Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann stand kürzlich vor der Frage, ob Hafermilch (un-) gesund oder nicht sei, die Berliner Morgenpost hatte eine klare Antwort versprochen, es kam zu einem klaren „sowohl als auch“, und
„Diese ganzen ‚Verbotstrends‘ fördern Essstörungen bei jungen Menschen und sorgen insgesamt für ein unentspanntes Verhältnis zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung.“
Sagen wir noch schnell, dass „Orthorexie“ kein Privileg der Jugend ist und stimmen ein;
Wir brauchen ein entspannteres Verhältnis zum Übergewicht der Bevölkerungsmehrheit – wer will schon einen bevormundenden Nanny-Staat, wer wollte nicht die aufgeklärte Ernährungssouveränität der mündigen BürgerInnen?
Deshalb ist es sinnvoll, Schlagzeilen wie „Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland ist übergewichtig“ in der Rubrik „Vermischtes“ abzulegen, wo Adipositas keine Dringlichkeit entwickelt und reif für weitere Medikamente wird.
„Essen im Auto“ ist kein Trend mehr, sondern ist zur Konstanten geworden, die eigentlich in keinem modernen Heimatfilm fehlen dürfte – wirklich eigentlich fehlen jedoch die zeitgemäßen Heimatfilme.
Der Fertigsalat als Mitläufer, „To go aus der Kühltheke“, soll „Arbeit sparen“ und suggeriert, so eine Zubereitung sei eine Zumutung, das vorbereitete Produkt wird als Entlastung verkauft, während die Option der häuslichen arbeitsteiligen Salatzusammenstellung stets unerwähnt bleibt.
Es gibt übrigens auch ein Online-Ernährungscoaching namens „Gesund mit Darm“ – bedenken wir, dass es sogar ein „Darmgehirn“ gibt, ergibt sich zwanglos der Slogan „Besser abnehmen mit Darm als ohne“. Auch eine Neun-Wochen-Darmkur für weniger als 350,00 € habe ich neulich als Sonderangebot entdeckt, aber nicht bestellt, denn ein zentraler Satz im Artikel übers Darmgehirn lautet:
Bifidobakterien verbessern die Gestimmtheit.
Weil solche „Probiotika“ sowieso „in der Luft fliegen“ und bei fermentierten Lebensmitteln konzentriert vorkommen, halte ich eine spezielle „Kur“ für meist überflüssig.
Reissalat mit Saubohnen und kesser Kresse
Bei Zubereitungen wie dieser gewinnt, wer achtsam oder aufmerksam speist, an Genuss und Geschmack. Das Rezept bringt seine sinnlich-unmittelbare Symbolik sozusagen auf den Teller, enthält also eine Aussage, die spür- und schmeckbar ist.
Keimlinge können zu jeder Jahreszeit geerntet werden, anders gesagt: Frischer Pflanzen-Genuss ist immer möglich.
Zumindest erwähnt sei hier auch die Fermentations-Variante „Natto„:
In Japan gilt Natto seit jeher als gesund. … Der Legende nach sollen vor rund 1000 Jahren ein Samurai-General und sein Gefolge Sojabohnen gegessen haben. Das Mahl wurde unterbrochen, die Männer wickelten die Sojabohnen eilig in Reisstroh und verstauten es in den Satteltaschen. Einige Tage später war dank des Bacillus subtilis natto, das natürlicherweise in Reisstroh vorkommt, das erste Natto entstanden. Um 1900 gelang es, den Bacillus aus dem Stroh zu isolieren, seitdem lässt sich Natto auch ohne Reisstroh herstellen.
Noch so eine asiatische Spezialität, ist nicht schon Tempeh des Guten zuviel? Oder ist diese Rhetorik nur konservatives Beharren auf Gewohnheiten?
Ein Linsen-Curry-Aufstrich wird immerhin schon häufig akzeptiert, wird gegessen, weil es schmeckt und nicht aus ideologischen Gründen – selbst die rustikale Präsentation scheint akzeptabel.
Wenn es um Diäten geht, ist die unernste Herangehensweise vielleicht die, die am meisten Fortschritt bringt:
Offenbar erzählt Woodstock etwas von „Diät“ – das geht jedenfalls aus Snoopys Nach-Frage hervor, und W. hat auch eine Frage, die Snoopy aber nicht beantworten kann. Er will aber die Antwort in seinem Diät-Buch finden, auf die „zentrale Frage“: „Wie viele Kalorien hat ein Brotkrümel?“
Woodstock wirkt beeindruckt und verwirrt, ein Brotkrümel, der für unsereins praktisch keine kalorienbilanzmäßige Relevanz hat, entspricht für ein kleines Vögelchen jedoch schon einer Scheibe Brot…
Snoopies Methode – Referieren auf dem Niveau der aktuellen „Diätwissenschaft“ – wird auch als „Ernährungsberatung“ bezeichnet. Es hatte mal ein ferner Bekannter gemeint, ich betätigte mich „in der Ernährungsberatung“.
Mit der Auskunft, mir gehe es um kritische Diät-Beratung, um Diät als eine ausgeglichene Lebensweise mit Balance z. B. von Arbeit und Ruhe, Essen und Trinken usw. war sein Schablonen-Denken überfordert.
Diese Überforderung wiederum stellt eine graduelle Kränkung dar. Auch, wenn sie nicht schön ist, gilt es, bei der Wahrheit zu bleiben: Mit der herkömmlichen, stereotypen Ernährungsberatung wird die Frage nach dem richtigen Umgang mit der narzisstischen Kränkung nicht zu entscheiden sein.
Zitate:
Der schwierigste Weg, den ein Mensch zurücklegen kann, ist der zwischen Vorsatz und Ausführung!
Bertrand Russel
Eine Frau kauft immer irgend etwas.
Publius Ovidius Naso (Ovid; 43 v.Chr. – 18 n.Chr.), röm. Dichter
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