Kartoffelpavè – Lob und Kritik, Exemplarisch

In der Sendereihe des Hessischen Rundfunks „Kochs anders“ mit Ali Güngörmüş besucht der bekannte Koch meist eine Zuschauer-Familie, die ihr Leibgericht präsentiert, das Ali dann einen Tag später in seiner Interpretation auf den Tisch bringt. Mal gibt es Bodendenständiges, mal bewegt man sich am Rande der Exklusivität, und meist findet sich für die Zuschauer auch eine Anregung, etwas (wenn auch nicht alles) nachzukochen. Ein Kartoffelpavé hatte mein Interesse geweckt! Die Anweisung

  • bei 120 °C Ober- und Unterhitze 3 Stunden im Ofen backen

lässt aber auf einen hemmungslosen Umgang mit elektrischer Energie schließen – das wäre doch ein Fall für den Schnellkochtopf! Ein weiterer Grund, diese „Knusprigen Kartoffelstäbchen“ auszuprobieren, ergab sich aus dem Wunsch, die sensationellen, frisch erfundenen Haferbratlinge mit edlen Kernen (Pinie, Kürbis, Sonnenblume) in einem Menue und nicht als Sologericht anbieten zu können. Kartoffeln fanden sich, sie würden nicht mehr lange der Vorrat sein: Eine kleine Internet-Recherche ergab erwartungsgemäß, dass auch das „Süßkartoffelpavé“ machbar ist, was dafür spricht, dass auch ein gemischtes Pavé eine Option ist, wie auch das Gratin, das sich in der Nachbarschaft zum aufwändigeren Pavé relativ häufig fand. Vorgewarnt ist, wer sich bei Reddit erkundigt, denn

  • Letztendlich ist es nur eine gekochte Kartoffel
  • Schmeckt genau wie Kartoffeln.
  • 2 Stunden zum Zubereiten, 2 Sekunden zum Essen
  • Ich habe diese fast gemacht, habe mich aber für Kartoffelpüree entschieden. Das war ein großer Hit.

Das Rezept, das vermutlich niemand nachkochen wird, habe ich zum Nachlesen ein wenig launig  aufgehübscht oder auch verkitscht:

Das Rezept (für 800 Gramm Kartoffeln):


Kartoffelpavé – Die Diva unter den Kartoffelgerichten

Manchmal soll’s ja ein bisschen luxuriöser sein – und so kommt unser edles Kartoffelpavé ins Spiel. Es verlangt Geduld, eine sanfte Hand und ein bisschen Küchenakrobatik. Aber die Hoffnung treibt uns an: Der versprochene Lohn ist knusprig, cremig und absolut unwiderstehlich!

So geht’s:

  1. Kartoffel-Peel-Off: Die Kartoffeln ihrer Schale entledigen und mit einem Gemüsehobel in dünnste Scheibchen verwandeln. So fein, dass sie durchscheinend sind, transparent.
  2. Schicht für Schicht zum Glück: Eine rechteckige Backform mit Backpapier auslegen und die Kartoffelscheiben kunstvoll (oder einfach stoisch, alternativ „wie beim Tetris-Spielen) hineinschichten.
  3. Sahne-Bad: Einen Becher Sahne mit Salz und Pfeffer aufpeppen und liebevoll über die Kartoffeln gießen – das wird später die pure Cremigkeit! Ich hatte alternativ eine Sauce aus Tahin, Yoghurt, Gewürzen und Brühe gemixt…
  4. Auf sanften Druck reagieren: Das Ganze mit einer weiteren Lage Backpapier abdecken und mit allem beschweren, was die Küche hergibt – Konservendosen, Töpfe oder kleine  Hanteln. Wichtig: Die Kartoffeln sollen ordentlich zusammenrücken.
  5. Sanfte Hitze, große Wirkung: Bei 120 °C Ober- und Unterhitze darf das Pavé nun drei Stunden im Ofen garen. Langsam, aber dafür schonend und schließlich hoffentlich perfekt. Auch hier hatte ich die Rezept-Vorschrift verlassen; Der Dampftopf würde die Kartoffeln schon nicht überhitzen, 40 Minuten sollten reichen.
  6. Abkühlen mit Gewicht: Nach der Ofenzeit rausnehmen, ausdampfen lassen und erneut beschweren. Jetzt ist Geduld gefragt! Das Ausdampfen könnte wichtig sein, um den Feuchtigkeitsgehalt zu senken – das fiel bei mir aus, der Multicooker schaltet von selbst ab, bzw. schaltet um auf „warmhalten“, was hier nicht gebraucht wird, so dass man einfach abschaltet.
  7. Schönheitsruhe: Über Nacht im Kühlschrank ruhen lassen, damit es schön fest wird – wie eine edle Terrine, aber mit Kartoffeln. Man kann die Kühlschrankruhe auch auf 24 Stunden ausdehnen, habe ich getestet…
  8. Der große Auftritt: Vor dem Servieren das Pavé in elegante Streifen schneiden (denken wir an extra-luxuriöse Pommes) und in heißem Pflanzenfett knusprig ausbacken. „Knusper-Knusper-Knäußig“ – das muss ein Wunschtraum aus dem Märchen sein!
  9. Genießen: Außen goldbraun, innen unwiderstehlich zart – ein Kartoffeltraum wird wahr! Dass die Stäbchen cremig-zart werden, kann auch niemand leugnen – goldbraun (und knusprig!) ist dann schon schwieriger.

Beim Test, die neuartigen Kartoffelstäbchen in der Pfanne zuzubereiten, kam nichts ansprechendes zustande.  Das folgende Foto ist ein Photo-Test aus der Rubrik „Makro-Aufnahme“, das die Zubereitung, die zum knusprig-Braten gänzlich ungeeignet ist, vor dem Braten zeigt.

Aus praktischen Gründen gab es das Pavé nicht gebraten, sondern im Danpf erhitzt, zusammen mit süßlichem Karottenstampf und Petersilien-Yoghurt-Sauce:

Der Pavé-Teller in größerer Darstellung Die hier servierte Grüne Sauce ist eine Verwandte der „Frankfurter Grie Soß'“, der Unterschied: Hier wurden Schnittlauch, Petersilie und Knoblauch in selbst gemachtem Yoghurt püriert und anschließend durch ein Sieb gestrichen. Der Begriff „Pavé“ ist, wie der Accent schon anzeigt, französischer Art – ob er sich bei uns noch einmal einbürgert, wird sich zeigen. „Pavé“ bedeutet Pflaster oder Pflasterstein. Hier heißt das also, Kartoffelscheiben unter dem Druck eines Pflastersteins garen, was ja eigentlich nicht heißt, dass die Scheiben hauchdünn sein müssen. Kurz: Pavé ist kein Muss, aber eine Möglichkeit, auf die selbst intuitive Esser*Innen kaum von selbst kommen.

Dabei habe ich so ein Bauchgefühl, dass ich Ali Güngörmüs einmal zum Kochen einladen, oder mich als Anders-Kochender bewerben sollte. An anderer Stelle, bei Alis Zusammen-Kochen mit der Gastronomin und Influencerin Vroni Lutz aus dem Chiemgau, fiel eine bemerkenswerte Anmerkung zu „Diäten“: Natürlich hätte sie da auch ihre Erfahrungen gemacht, aber das sei alles nichts, was auch durchzuhalten sei. Deshalb lieber das „Friss-die-Hälfte-Prinzip“.

In dieser Folge von „Einfach und Köstlich“ (WDR) gab es  ein traditionelles Rezept aus Tirol: Gebratene Käseknödel. Die werden auch „Kaspressknödel“ genannt, weil sie nicht kugelrund, sondern leicht flachgepresst in die Pfanne kommen, und dazu passend ist Sauerkraut. Aus der grünen Sauce hatte ich noch einen Brotaufstrich gemacht – gibt man diese Sauce in einen Kaffeefilter und lässt sie abtropfen,  erhält man eine grüne Creme.

Zur kulinarischen Kreativität gehört die creative Namensfindung; „Röstbrot mit Idsteiner grüner Creme, Shiitake und Rettichkeimbeilage“ könnte passen. Wer jetzt noch Abnehmtipps wünscht, begnüge sich mit dem Hinweis, dass wirklich gute Tipps häufig von unbewussten Kräften „korrumpiert“ werden, wenn etwa bei einem „Essen Sie nur, wenn Sie Hunger haben“ ein „Essen sie mindestens, so lange Sie Hunger haben“ verstanden wird, Sinnvoll erscheint dagegen ein „Essen Sie höchstens so wenig, dass Sie zur nächsten Mahlzeit wieder Hunger haben“. Fehlleistungen führen zu Falschaussagen wie „Fakt ist ich nehme kein Gramm ab. Seit August sind es 4 kg …“

Die Perspektive „Klar, dass bei mir das Abnehmen nicht funktioniert, ich bin halt so“ ist ja in Wirklichkeit nur eine von vielen möglichen, wenn auch die, mit der man nicht weit kommt, denn „Lügen haben kurze Beine“, und auch Selbstbetrug ist Sabotage. Zweifler werden hier auf die „Quantenheilung“ verwiesen, wenn sie die selbst beurteilen wollen…

Wenn Ali in einer Kochsendung betont, beim Selbst-Kochen, das noch am ehesten die frische und gesunde Zubereitung gewährleisten kann, komme es auf „Ordnung, Ordnung und noch einmal auf Ordnung“ an, muss er wissen, wovon er spricht: Eine vergnügliche Aktivität wie die (Hobby-)Küche hat nun einmal gewisse Voraussetzungen!

Hessischer Rundfunk | Bertramstraße 8 | 60320 Frankfurt | Telefon: +49 (0)69 155 5111 oder +49 (0)69 155 5100 | E-Mail: hzs@hr.de …

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  • N. Lang: Ein sehr schöner Bericht, beim lesen beschleicht einen direkt die Lust es doch selbst...
  • Sabrina: Schön, dass du bei der Bilanz dabei bist! Mit Spirulina und Algen zu experimentieren,...
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