Das Groko-Kroko, solidarische Ernährungsberatung und die Eierschalen im Salat
Geschrieben am 5. April 2018 von KPBaumgardt
Unsere „Sättigungsdebatte“ ist leider noch lange nicht zu Ende, denn die Behauptung, mit Hartz IV sei kein Hungertod, sondern ein glückliches, erfülltes Leben möglich hat überall Widerspruch provoziert, im interessierten Spektralraum der Politik sucht man alternative Lösungen.
Um die unterstellte Angst vor dem Verhungern endgültig zu verbannen, habe ich mal ein lebenserhaltendes (veganes!) Mittel erfunden, mit dem für einen Euro und fünfzig Cent am Tag alle notwendigen Nährstoffe und Vitamine bereitgestellt werden:
Es handelt sich um Soja-Kefir, der auch in der Geschmacksrichtung „Schoko“ machbar ist, auch als Smoothie genießbar. Damit können wir wieder sachlich werden…
Sarah Wagenknecht findet es begrüßenswert, dass „Hartz“ nun auch mal wieder innerhalb der SPD diskutiert wird, und sagt:
„Ein so genanntes solidarisches Grundeinkommen geht allerdings in die falsche Richtung, weil damit noch mehr Menschen für Armutslöhne arbeiten sollen, … Hartz IV muss weg, gerade weil es weder vor Armut schützt, noch berufliche Perspektiven eröffnet. Wir brauchen stattdessen neue und mehr tariflich bezahlte Arbeitsplätze und eine ordentliche Arbeitslosenversicherung, mit der die Beschäftigten nicht mehr, wie bisher, enteignet und gezwungen werden können, schlecht bezahlte Arbeit auch unterhalb ihrer Qualifikation anzunehmen“
Die Enteignung ohne Entschädigung im Zusammenhang mit sogenannten Sozialleistungen trifft die einen mehr, die anderen weniger. Verkürzt gesagt: Wer pflegebedürftig wird und sich von der Rente nebenbei noch eine Pflegekraft leisten kann, darf das Häuschen behalten, wer ins Heim muss, muss den Schwund des Vermögens hinnehmen.Schließlich sagt ja schon der Volksmund: „Wo gehobelt wird, fallen Späne“, jetzt inhaltlich auf die Randgebiete des „Sozialsystems“ zu beziehen.
Während Hoffmann auch und vor allem die Perspektivlosigkeit ohne „gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeit“ anspricht, besteht bei Frau Wagenknecht, was das betrifft, noch großer Nachholbedarf: Auf die Perspektiven kommt es doch an!
Die Armutslöhne könnte eine linke Opposition auch im Bereich Zivil- und Wehrdienst abschaffen wollen, beim „freiwilligen sozialen Jahr“ und sicherlich an vielen anderen Stellen.
Häufig zeigt sich der Aspekt der nötigen Teilhabe, indem BürgerInnen ehrenamtlich arbeiten, sich dabei nicht ausgebeutet fühlen; den Aspekt „wahrgenommen-werden“ wird Frau Wagenknecht kaum von der Seite her kennen, dass auch da ein Mangel auftreten kann.
Die Tarifverträge haben bereits Einiges von den „unteren Lohngruppen“ weggeschleift, damit sind allerdings auch Arbeitsplätze, die keine großartige Qualifikation verlangen, weggefallen. Diesen heute fast ausgestorbenen „unteren Lohngruppen“ einen „Armutslohn“ zu bescheinigen, wird die Debatte kaum beflügeln.
Der halbgekugelte aprikosen-zitronenaromatische Sojajoghurt-Käsekuchen ist garantiert nicht gelatinebelastet, laktosefrei und weitgehend glutenfrei, jedoch mit Ei und Zucker.
Wichtiger finde ich den Aspekt, welche Arbeitsbedingungen gegenwärtig als zumutbar hingenommen werden – wenn ein junger Mann im Zivildienst überwiegend Nachtschichten geleistet hat und das zur Zerrüttung von Biorythmus und Sozialkontakten führte, ist das nicht akzeptabel, wird aber bei „sozialen Einrichtungen“ so durchgeführt – mit einer Art „Mindestlohn am Rande des Existenzminimums“.
Auch Berufskrankheiten werden „einfach so“ hingenommen, der arbeitsmedizinische Dienst ist großzügig im Darüber-Hinweg-Sehen, die Verantwortung der Arbeitgeber, die Fürsorgepflicht wird nicht so genau genommen – wenn dann das „Mitglied des Teams“ „plötzlich“ verstirbt, ist es mit einem routinemäßig abgelegten Kranz getan, und „the show must go on“.
Mit gezuckerter Sojamilch bei zu warmer Fermentation kann man sein blaues Wunder erleben – obwohl Molke abtropft, ist der Pegel im Sieb gestiegen…
Die Sache mit der Menschenwürde
Gerechtigkeit
„Papst Franziskus hat in der Osternacht zu mehr Engagement gegen Ungerechtigkeit aufgerufen … [und kritisiert] die Gleichgültigkeit und Antriebslosigkeit … .
Ostern sei eine Einladung, „mit eintönigen Angewohnheiten zu brechen, unser Leben, unsere Entscheidungen und unsere Existenz zu erneuern“ … .
Unseren einförmigen und lähmenden Determinismus identifizierte er als die eigentliche Herausforderung. Er dürfte damit eine Haltung meinen, die einem „Was kann ich schon für die Zukunft tun, wir können doch nichts ändern, es kommt, wie es kommt“ entspricht.
Denk-Gewohnheiten
Mit der Angewohnheit, von den „ärmeren Leuten“ hierzulande und auch global die Meinung zu entwickeln: „Ach, denen geht es vielleicht nicht wirklich gut, aber gut genug, und häufig sogar zu gut zum Sterben“ kann man brechen!
Der Entwicklungsminister will die Kaffeesteuer für „fairen“ Kaffee abschaffen, um Kinderarbeit und Armut in der „dritten Welt“ zu bekämpfen. Das ist ein Bruch mit alten „Gewohnheiten“.
Wenn die Reaktion der „kritischen Öffentlichkeit“ reflexartig zu alten Vorurteilen wie
„Lippenbekenntnisse, populistische mal wieder – der will nur einen Aufsichtsratsposten bei einem großen Kaffeekonzern“
tendiert, wäre es vielleicht am Besten, den Entwicklungsminister Gerd Müller beim Wort zu nehmen und seinen Plan zu unterstützen.
Nebenbei gesagt: Ich hatte selbst auch nicht an so etwas geglaubt, und mich alternativ mit dem Selbst-Rösten von fairem Rohkaffee beschäftigt, denn Rohkaffee ist bedingt steuerfrei.
Unser Arbeitsmarkt
Bittere Worte kamen kürzlich von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Jens Spahn war nämlich der Meinung, wenn er ausländische Pflegekräft rekrutiert, wäre der Pflegekräftemangel bald behoben – dazu bekam er diese Antwort:
„Spahn müsste als langjähriger Gesundheitsexperte eigentlich wissen, dass alle bisherigen Programme zur Anwerbung ausländischer Pflegekräfte gescheitert sind“.
Der Minister streue der Bevölkerung Sand in die Augen, wenn er unterstelle, dass sich der Personalnotstand in der Pflege auf diese Weise lindern lasse.
Ein paar Krümelchen Hefe können reichen – und der Teig, der Zeit zum Gehen hat, wird angeblich viel bekömmlicher.Es gibt vermutlich mehr Missstände als aktivierende Pflege in der Pflege, und am Kunstsückchen, die Pfleger zu aktivieren, könnte Spahn beweisen, wie viel Vertrauen er verdient.
Die Fachkräfte, die in der einen Branche zu wenig sind, sind in der andern zu viel. Opel bestätigt in der „Opelpost“ den Willen zum Stellenabbau, will unter dem Motto „Profitabel – elektrisch – global…“ mit einem Montagewerk in Namibia den afrikanischen Markt erobern und auch den nahen Osten auto-mobilisieren.
Der ständige Gedanke an „Expansion“ könnte in die nächste Krise führen.
„Die Astra-Modellreihe sowie Crossland X und Grandland X passen perfekt zum Markt.“
So etwas passt doch nur, wenn die Kundschaft „flüssig“ ist, das Geld muss doch erst verdient werden, bevor es ausgegeben wird, und die afrikanische Mittel- und Oberschicht ist dünn.
Ich finde, in sonnigen Entwicklungsländern wäre ein leichter, mit Solarzellen bestückter Opel-Blitz mit Kühlabteil sinnvoller – damit könnten ländliche Farmen ihre Produkte zum nächsten Hafen oder zur Eisenbahn bringen, so dass sie vermarktet werden können, denn nichts geht über Fleisch vom freilaufenden afroikanischen Hühnchen…
In großen Städten kann zudem jederzeit die Stimmung kippen, wenn „das Auto“ nicht mehr ist, was es mal war, wenn das neue Motto „Bequem ohne Auto leben“ heißt.
Nur noch ein paar kleine Modifikationen bei Antrieb und Fahrwerk, und fertig ist das Fahrzeug für die moderne Großfamilie oder den Sightseeing-Tourismus, das als Kleinlastwagen mit bis zu drei Tonnen Nutzlast schon einmal ein Bestseller war.Zu Beginn des Jahrhunderts waren Politik und Volkswirtschaft der Ansicht, das arbeitslose Pack hätte es sich in der sozialen Hängematte bequem gemacht und man erfand die „aktivierende Sozialhilfe“ mit ein-Euro-Jobs und weiteren Delikatessen.
Sinnvolle, dauerhafte, respektable Arbeitsplätze sind damit nicht geschaffen worden – vielleicht geht es heute darum, solche zu schaffen, „aber“
„Der Begriff solidarisches Grundeinkommen ist ein Stück weit Rosstäuscherei, weil es offensichtlich eher darum geht, den bei vielen Menschen positiv besetzten Begriff eines Grundeinkommens zu kapern“, so Arbeitsmarktexperte Stefan Sell im ZDF.
Wenn „Etikettenschwindel“ die einzige Sorge wäre – es ist doch ziemlich unklar, was die mit der solidarischen Gemeinwenarbeit zu Betrauenden in der Praxis schaffen sollen und wollen.
Es geht nicht um Arbeitsbeschaffung, nicht um Beschäftigungstherapie – es geht um solidarische Arbeit, mit der Solidargemeinschaft als Arbeitgeber loyaler Arbeitnehmer. Um sinnvolle Arbeit, nicht um „künstliche Arbeitsplätze“.
Arbeitsfelder sehe ich im öko-sozialen Bereich – und der ist groß.
- „Nachhaltiges textiles Handwerk“ – da hat sich schon ein Modell gezeigt, und der Bedarf ist erstaunlich groß.
- Landschaftspflege, Tier- und Pflanzenschutz, integriert in expandierende solidarische Landwirtschaftsprojekte.
- Gemeinschaftsverpflegung
- Begleitende Vermittlung von Ernährungskompetenzen in diesem Zusammenhang – Lebensmittelvielfalt, Zubereitung, Alternativen – „Learning by doing“.
- Der Sektor „Service und Reparatur“
- „Plastikfrei Leben“ – „Unverpackt“ macht Mühe…
- und vieles mehr.
Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung gibt es eine Liste möglicher Einsatzfelder
-
- HausmeisterIn in kommunalen Einrichtungen
- Betreuung für Kleinkinder (Babysitting) in Privatwohnungen insb. von Alleinerziehenden
- Betreuung von Älteren, z.B. für Besorgungen, Alltagsbegleitung
- Begleit- und Einkaufsdienste für erkrankte Menschen, Menschen mit Behinderung oder mit eingeschränkter Mobilität
- Tätigkeiten in der Flüchtlingshilfe, insbesondere Unterstützung bei der Integration
- Tätigkeiten in der Jugend- und Familienhilfe
- Beratung zu gesunder und ausgewogener Ernährung
- ÜbungsleiterIn-Tätigkeiten in Vereinen
- Tätigkeiten bei kommunalen Kulturangeboten sowie der kulturellen Bildung
Das wirkt – mit Verlaub gesagt – noch unausgegoren und erklärungsbedürftig. Oder wie das Ergebnis eines Brainstormings von Buchhaltern, wird wohl auch missverstanden oder nicht verstanden.
Die zweieinhalb Esslöffel anfermentierte-Kokossahne-Bergkäsesauce, die hier das Gemüse umhüllten, waren entscheidend. Das ist aber eher Ernährungsberatung im fortgeschrittenen Stadium…
Bei einem weiteren Vorgehen in den „2. Arbeitsmarkt“ sind Vorsicht und Aufklärung über die unterscheidlichen Absichten wichtig – Transparenz und Konsens, denn in der Vergangenheit ist vieles schief gelaufen.
Damals bezeichnete ein gewisser Herr Merz die steuerrechtlichen Fragen bei Schaffung der Ich-AGs als völlig ungeklärt, wohl übersehend, dass es auch noch andere Fragen neben dem Steuerrecht gibt, etwa: „Wie soll Selbstständigkeit funktionieren in einer ständisch organisierten Gesellschaft, mit Leuten, die diese Form von Autonomie nie geübt haben und so eine Situation nicht als befreiend, sondern als Isolation empfinden?“
Dienst, solidarischer?
Betreuung, Beratung, Begleitung, Hilfe und „Tätigkeiten bei kommunalen Kulturangeboten sowie der kulturellen Bildung“ sind Arbeitsfelder, die kaum zu einem finanziellen Gewinn führen. Es sind Bereiche, die von der Institution Familie kaum noch ausgefüllt werden, wo enorme Defizite klaffen – so dass auch ein Heer von „Low-Budget Sozialarbeitern“ diese Wunden vielleicht nicht ausreichend versorgen kann.
Unsere Gesellschaft braucht also ein „alternatives Instrument für mehr Teilhabe“ – und es gibt keinen Grund, den „chancenlosen Langzeitarbeitslosen“ ihren Platz vor dem Fernseher oder bei einem „Bundes-Arbeits-Dienst“ zuzuweisen, oder überhaupt, sie aus der Gesellschaft auszuschließen mit einem Plätzchen am Rande.
Total professionelle Dienste
Die Geschichte der Arbeit für die Gesellschaft und der Sozialarbeit hat einige Wechselfälle zu bieten. Sie wird von unterschiedlichen „teilhabenden Profis“ geschrieben, hat auch ihre komischen Seiten:
Eine europäische Institution mit dem Anspruch, „… wissenschaftlich fundierte Informationen über Lebensmittelsicherheit und -qualität sowie Gesundheit und Ernährung zu bieten“ hatte am Abend des Ostermontags hinsichtlich professioneller Ernährungsinformation eine Glanzleistung vollbracht:
Die Eier auf dem Kompost und die Schale in Salat – das wäre ohne diesen Tweet millionenfach passiert – wie gut, dass wir die professionellen Rat-Schläger haben.
Foto Blitz Panoramabus der Adam Opel AG, Baujahr 1954; Teil der historischen Sammlung der Adam Opel GmbH, mit verändertem Format
E-W – Eigenes Werk – CC BY-SA 3.0
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