Keine GroKo-Trauer, Einigkeit, rot-grüne Suppe
Geschrieben am 1. Oktober 2017 von KPBaumgardt
Wie die Dinge liegen, wären wir ohne Lebensmittel-Industrie schon längst verhungert, abgesehen von den Bauern, Kleingärtnern und Reichen. Aber das System sorgt für uns – nicht mal den Käse müssen wir selbst reiben, die Presse informiert ausführlich, wie geriebener Käse am Verklumpen gehindert wird, und die Lebensmittelwirtschaft twittert über einen Stern-Artikel zu Reibekäse.
Das nennt sich dann „Medienarbeit“, und denkbar ist, dass so ein Illlustriertenartikel vom Lebensmittel-Wirtschaftsbund im Hintergrund gesponsort wird – So etwas findet sich ja öfters, auch gerne über die Zuweisung von Anzeigenschaltungen.
Gestutzt hatte ich dann doch, als bei der „Lebensmittelwirtschaft“ zu lesen war, die Deutsche Wirtschaft sei geschockt darüber, dass die „Alternative für D“ drittgrößte Partei sei. Der Schock wird offenbar gelindert durch den Trost, dass die CDU-SPD-Koalition vorbei sei.
„Die deutsche Wirtschaft sieht den Erfolg der AfD mit Entsetzen. Viele Unternehmenschefs sind aber auch froh, dass der Stillstand in der Reformpolitik zu Ende gehen wird, und stellen hohe Forderungen. “ (Quelle)
„Wirtschaft-trauert-der-grossen-Koalition-nicht-nach“
Es hatten Andere ihre „klammheimliche Freude“ schon ehrlich und offen so genannt – das war fies, gemein, bösartig. Das „Wir sind darüber überhaupt nicht traurig“ ist aber auch ehrlich. Wenn ich mir das schwarz-rote „Futter“ nur vorstelle, finde ich es auch gut, dass das vorbei ist. Auch der letzte BLL-Tweet, den ich für heute anreiße: „Lebensmittelwirtschaft begrüßt das Erstarken der liberalen Kräfte im Bundestag.“
Das Problem „Klimawandel und Lebensmittelerzeugung und -Auswahl, Zubereitung und Portionierung“ wird uns länger erhalten bleiben als das Erstarken blauer, gelber oder brauner Parteiungen.
Der „Zeitvertreib“, sich über „Trennmittel beim Käse“ im Internet oder einem gedruckten Magazin zu informieren, ist Zeitverschwendung, denn die Zutaten haben, leserlich, auf der Verpackung zu stehen, und wenn ein Hinweis zu Reibekäse erforderlich ist, vielleicht doch eher der, dass den jeder selbst reiben kann…
Wenn „liberale Kräfte“ wie der Ex-Minister Baum im „Dieselskandal“ die Verbraucherrechte gegenüber der Autoindustrie vertreten (wollen), ist das eine andere „Liberalität“ als die künftig im ausufernden Bundestag praktizierte, deren Programm auf den Namen „Lindner“ eingedampft scheint.
Wenn „die Lebensmittelwirtschaft“ in aller Liberalität durch Überdüngung das Grundwasser ungenießbar macht, durch Monokulturen und Pestizide das Artensterben fördert, durch unzeitgemäße Tierhaltung viel mehr Treibhausgase emittiert, als nötig und sich weiterhin verhalten will, wie gehabt, wird sie eines Tages doch noch der großen Koalition nachtrauern, die ihr all das gestattet hat.
Im ostsächsischen Görlitz prangt auf der Friedhofswand metergroß der Schriftzug
W Ä H L T T H Ä L M A N N !
Die Stadt ist eine Reise wert, legt sie doch dem Flaneur nicht nur Stolpersteine in den Weg, sondern legt auch auf andere Erinnerungen Wert.
Zur Erinnerung an die politischen Wirren der Vorkriegszeit passt, dass die SPD sich heute wieder neu erfinden will, oder nicht will, sondern muss.
Geschichtlich betrachtet, hatten die Auseinandersetzungen zwischen Sozialdemokraten, Unabhängigen Sozialisten und „Kommunisten“ keinen Fortschritt gebracht. Bei einigen wenigen Mitgleidern der LINKEN herrscht noch die Ansicht, alles außer der eigenen Partei müsse als faschistisch oder quasi reaktionär bekämpft werden, und komplementäre Denkweisen bei den Sozizaldemokraten verhindern, dass das linke Spektrum sich einvernehmlich im Licht der Erkenntnis der Notwendigkeiten sonnt.
Parteiinterne Querelen vom Feinsten haben wir auch heute, da darf ein „vornehmer Hanseat“ sein Parteibuch behalten und seinem gescheiterten Kanzlerkandidaten jede Qualifikation absprechen.
„… das SPD-Mitglied Klaus von Dohnanyi [geigte] seinem Parteifreund Martin Schulz unverblümt …, dass dieser als SPD-Vorsitzender eine Fehlbesetzung sei: „Der Herr Schulz war von Anfang an die falsche Wahl, der ist der Sache nicht gewachsen, der war schon als Parlamentspräsident in Europa ein Mann, der die Wahrheiten nicht erkannt hat.“
Deutlich erkennbar, ist diese SPD keine Einheitspartei 😉
Deutlich erkennbar ist auch, dass der angriffslustige von Dohnany kein Geheimnis aus seiner Stimmungslage macht, das hat er mit der Genossin Wagenknecht von der anderen Seite des „linken Spektrums“ gemein. Die Werte für „Solidarität“ und „Empathie“scheinen hier wenn, dann nur in Spuren vorhanden.
Sarah hatte das Studium der politischen Ökonomie nicht beim Arbeiterbildungsverein, sondern, autodidaktisch mit Originalliteratur vorbereitet, an der TU Chemnitz mit einer Volkswirtschaftlichen Dissertation abgeschlossen, darin „eine einfache Faustregel …, mit der sich Sparentscheidungen abbilden lassen sollen.“
„Merkel weg!“ ist auch eine einfache Formel, mit der rund ein Achtel der Deutschen Wahlbevölkerung „irgendeine Alternative“ oder was auch immer wählen wollte. Um „Erich und Erika weg“ zu skandieren, ist es ja auch zu spät. Die Formel, nach der der WählerInnenwille berechnet wird, gibt es nicht, oder niemand hat sie veröffentlicht.
Die Wutbürger machen, was sie wollen, und haben, losgelassen, Spaß daran, „die da oben“ mal zu schockieren.
Die Parole „WÄHLT THÄLMANN“ soll uns vielleicht daran erinnern, dass die Zeiten der Klassenkampf-Parolen vorbei sind. Damals hatten die progressiven Kräfte den Kampf verloren, unter Anderem, weil sie im Kampf untereinander sich verschlissen hatten. Aber auch, weil „die Reaktion“ die Kunst der Massenbeeinflussung, der Massenpsychologie, schon beherrschte. Wie auch heute…
Eine fortschrittliche Sozialwissenschaft hatte in der Kriegs-und Nachkriegszeit begonnen, diese Geheimnisse zu lüften, damit ist aber schon wieder Schluss.
Die Veröffentlichung „Die Unfähigkeit, zu trauern“ etwa war ein Eckpfeiler der Sozialpsychologie, der die Politik bald die Mittel gestrichen hatte, weil es galt, das „Wirtschaftswunder“ nicht zu hemmen.
„Trauern“ hätte damals nicht nur bedeutet, der Opfer zu gedenken, denen unlängst noch eine Mega-Gedenkstätte gewidmet wurde. „Trauer“ hätte sich auch auf die mehrheitliche Verführbarkeit, das mehrheitliche Wegschauen, Mitlaufen, Gehorchen bezogen und auf die Unfähigkeit, die „progressiven Kräfte“ effektiv handlungsfähig zu organisieren. Zu betrauern wäre auch immer noch der Mangel und der Verlust an Kultur…
Grundwerte
Im Zitat zu von Dohnany gibt es ein Wort, das mir unangenehm aufgefallen ist: „Parteifreund„. Wie kann es sein, dass ein Freund einem Anderen hinter dessen Rücken, nicht in einer Vier-Augen-Situation oder einer Situation der Diskretheit, Unfähigkeit attestiert?
Man könnte auch den Faden weiterspinnen und fragen, warum Gysi dieses vernichtende Urteil unkommentuiert ließ, oder womit er stattdessen beschäftigt war…
Aber auch die LINKEn Parteimitglieder sind Genossen, ob es rechts davon noch eine Volksgenossen-Gruppe gibt, ist nicht bekannt, die Frage, was Genossen so treiben, außer Arm in Arm und Hand in Hand für bessere Zeiten zu streiten, ist schnell beantwortet: Sie machen Karriere und/oder sich gegenseitig fertig. Mit Freundschaft hat das nichts zu tun, und der Journalist, der in diesem Zusammenhang von Parteifreundschaft geschrieben hat, wollte vielleicht auf eine Wunde bei den „progressiven Linksbürgern“ hinweisen – oder musste er so seine Häme ver-öffentlichen?
Schröder ist kein Genosse mehr, sondern Mitglied einer anderen gesellschaftlichen Klasse, oder „Kaste“. Er ist kein Genosse mehr, weil es nicht Ziel einer Vereinigung von Genossen sein kann, einzelne Mitglieder in die Oberklasse zu katapultieren. Wenn er die „Genossenschaft“ verlässt, hört er auf, als Gleicher unter Gleichen am gemeinsamen Wohlergehen zu arbeiten.
Dass er bei einem einschneidenden Sozialabbau federführend war, bleibt unvergessen. Es hat keinen adäquaten Ausgleich für die Einschnitte gegeben, „Förderung“ steht nur auf dem Papier. „Hartz vier“ war eine Enteignungsaktion, die vor allem jene getroffen hat, die schon ein wenig schwächer waren.
Ob „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ oder „Einigkeit und Recht und Freiheit“ – progrssive Politik hat über weite Strecken keinen Grund, sich ihrer Vergangenheit zu schämen. Wenn Marx und Feuerbach sich nicht immer ganz grün waren, Lasalle ein unwissenschaftliches Verständnis von Sozialismus hatte, bleibt es dabei: „Der Mensch ist, was er isst“ und lebt nicht vom Brot allein.
Nur lebt er auf einer Welt, die dabei ist, überhitzt zu werden, und mit Erschrecken stelle ich fest, dass die Prognose „fünf-grad-in-90-jahren“ auch schon fünf Jahre alt ist.
In der Zwischenzeit ist die Kanzlerin angeblich belogen worden, hat aber selbst behauptet, den „ach-so-effizienten-Diesel“ als Waffe gegen den Klimawandel zu brauchen, weil er Sprit spart. Da hätte sie mal ins Fahrtenbuch ihrer Staatskarosse blicken sollen.
Wer rot-grüne Süppchen mag, soll sie meinetwegen auslöffeln. Natürlich sind solche Geschmacksfragen auch klimarelevant.
Wählt Thälmann! Schriftzug Görlitz Bergstraße (2014) aus Wikipedia, cc Ubahnverleih
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