Diätpillen, die High-tec-Schlankpille, der Gehirnturbo und andere Merkwürdigkeiten

Zwei Seiten Text zu einem Medikament, das nach laienhaftem Verständnis so etwas wie ein moderner Appetithemmer ist, und in einen Endocannaboid-Stoffwechselkreislauf eingreift, den man nur vom Hörensagen kennt: Ob hier Cannabis-Rezeptoren blockiert werden, an denen, unbesetzt, körpereigene Cannabinoide andocken?
Vielleicht passiert hier etwas ähnliches wie beim Methadon, das gegenüber dem Morphium weniger berauschend ist, aber die Entzugserscheinungen hemmt?
Und wie wirken die körpereigenen Cannbinoide, und wann?
Mir bleiben Aussagen wie diese unverständlich:

Die CB-Rezeptoren, an die Endocannabinoide binden, werden im Fettgewebe, in Muskeln, der Leber sowie in den Hirnregionen Nucleus accumbens und Hypothalamus exprimiert. Letztere sind für die Motivation zu essen und den Appetit zuständig. Bei einem Überangebot an Nahrung und damit einer Überaktivierung des Endocannabinoid-Systems hat ein gesteigertes Hungergefühl und Fettakkumulation zu Folge. .. . Außerdem werden in den Adipozyten verstärkt Inflammationsmarker wie IL-6, PAI-1 und CRP sezerniert

se|zer|nie|ren : ein Sekret absondern (z. B. von Drüsen od. offenen Wunden; … sagt der Duden.
Aber da es noch so viele weitere Fremdworte in einem einzigen Satz gibt, und die Grammatik verwirrt, lassen wir es gut sein. Der Autor war nicht in der Lage, sich fürs normale Volk verständlich auszudrücken.
Es reicht ja, wenn wir das Wort „Risikofaktoren“ verstehen, und dass die Adipositas-Gesellschaft einen Bauchumfang von jetzt höchstens 94 cm für Männer und 80 cm für Frauen vorschreibt: Es muss etwas geschehen, und eine Lifestyle-Änderung kommt so wenig in Frage wie eine Langhaarfrisur mit Dauerwellen (der Bauch kam mit der Glatze).
Wenn dann eine 20-Milligrammdosis zu verbessertem Bauchumfang führt – Warum nicht?
Bei 0,6 Gramm für 80 Euro kommen wir zwar auf einen Preis von 133,33 Euro pro Gramm, der aber wahrscheinlich immer noch günstiger ist, als geriebene Tigerzähne, und an die Nebenwirkungen sollten wir gar nicht denken, weil das Übergewicht sowieso schon depressiv macht, wenn auch mit phasenweise Aufhellungen, beim Schlemmen.

Zu einem anderen Anti-Adipositasmittel gibt es im Forum einen Bericht. Aber von den unerwünschten Nebenwirkungen will ja niemand etwas wissen.

Ein direktes Loblied auf ein Medikament finden wir auch in der Bloggossphäre:

„Die ersten Tage unter R… habe ich hinter mich gebracht, seit ich auf Narkolepsie diagnostiziert worden bin. Zeit für ein kleines Fazit.

  • Tagesmüdigkeit: R… hilft in diesem Punkte enorm. Dank des R… komme ich nahezu vollständig ohne Schlafpausen tagsüber aus.
  • Nachtschlaf: Starke Verbesserung in diesem Bereich. Sehr häufig schlafe ich durch und auch die Albträume haben beträchtlich nachgelassen.
  • Freßattacken: Unter R… verschwanden diese gottlob.
  • usw.“

Nun, stellen wir uns mal vor, ein unkritischer Leser hat Schlafstörungen und Essanfälle – der muss doch dieses Mittel für „genial“ halten, in unserer wundergläubigen Zeit.

Wir sind hier zumindest offenbar in einer Grauzone: Ist das noch ein Erfahrungsbericht oder doch schon Mundpropaganda?

Die Narkolepsie ist jetzt möglicherweise die richtige Diagnose. Zuvor hatte Rene, noch unter dem Eindruck einer Fehldiagnose(?), den Experten für Depressionen gegeben:

Konzentrationsschwierigkeiten, Antriebslosigkeit, erhöhtes Schlafdefizit, Niedergeschlagenheit sind nicht selten körperliche Auswirkungen der Depression.

Und die Stelle, an der er Psychopharmaka als ursächliche Behandlung der Depression und der Psychotherapie überlegen bezeichnete, mag ich jetzt nicht suchen. Das war jedenfalls kein Fachwissen, sondern offenbar Folge einer stoffwechselbedingten Schlaf-Wachstörung.

Hoffen wir mal, dass Rene niemandem als Vorbild und Ratgeber gedient hat.

°

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2 Kommentare zu “Diätpillen, die High-tec-Schlankpille, der Gehirnturbo und andere Merkwürdigkeiten”

  1. Hallo!

    Ich kenne Deine Motive nicht, weshalb Du mich derart wüst angehst. Fragwürdig jedoch finde ich Deine Methodik: per Fernurteil und anhand von Vorurteilen wider R. wertest Du andere Menschen ab. Was daran redlich sei, lasse ich dahingestellt sein.

    Peinlich finde ich, daß Du aufgrund Deiner Vorurteile wider R. meine als auch die Gesundheit anderer mit Füßen trittst.

    Wer anderen vorwirft, unrecht bzgl. Fakten zu haben, muß das auch belegen. Wenn Du meinst, Du hättest mehr drauf als Schlafmediziner und sonstige Ärzte, dann beweis es lieber, anstatt andere aufgrund Deiner Antipathie wider R zu schmähen. (Der Unterschied zw. R. und xxx ist Dir sicherlich geläufig.)

    Erlaubt sei auch noch der Hinweis, daß ich auch nicht von „Überlegenheit“ sprach (Psychotherapie). Erst über die Ansätze kognitiver Verhaltenstherapeuten um Burns, Seligman etc. bin ich zu einer Therapieform gekommen, die ich für die einzig richtige halte: Kombination aus dem Besten, was der Markt hergibt, und nicht Schädigung von Menschen, weil man in Medikamenten, die man nicht mag, den Teufel erblickt.

    Man muß der Medizin dankbar sein, daß es Optionen wie R. gibt, anstatt andere zu beleidigen. Beleidigungen haben noch nie jemandem geholfen.

    Wenn Du R. für Dich ablehnst, ist das Deine Sache. Klüger wäre es jedoch, mich nicht zu beleidigen, weil ich anderer Ansicht bin. Mir rettet es jeden Tag das Leben.

    Grüße,

    René Kriest

  2. Tja, ’s ist schon schwierig. Stimme Dir aber zu, dass Beleidigungen nicht weiterhelfen. Das muss jeder selbst abschätzen, wie, was er schreibt und sagt, wirkt.

    „Zum Kotzen“ kannst Du finden, was Du willst. Es ist halt eine eklige Wortwahl.

    Schleichwerbung oder Mundpropaganda für Psychopharmaka bleiben nach wie vor unseriös.

    Die Gesundheit mit Füßen treten – das ist menschenverachtend. Verwirrend, dass Du von Ferndiagnosen abrätst.

    Um die Kategorie Klugheit“ habe ich mir auch schon Gedanken gemacht.

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