LOHAS – Nachhaltigkeit: Mythos oder Seifenblase?
Geschrieben am 6. November 2008 von KPBaumgardt
Wenn Experten studieren, ist das Ergebnis natürlich eine Studie. Wenn eine Studie vorgestellt wird, sorgt man geschickterweise schon im Vorfeld dafür, dass sie mit Aufmerksamkeit bedacht wird.
Appetitanregende Häppchen schon im Vorfeld zu veröffentlichen, mag diesem Zwecke dienen. Der Leser wundert sich; seine Aufmerksamkeit ist gewonnen.
Eine neue Studie des Berliner Marktforschungsinstituts Stratum will uns „Neue Erkenntnisse über die allseits berüchtigten LOHAS verschaffen“, und ein kleiner Auszug wird im Vorfeld geliefert:
“Das Kernergebniss: Auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft wird aus dem Konzept der “Nachhaltigkeit” ein Lebensstil, der
- konservativ
- naturromantisch
- unpolitisch
- ästhetisch
- anspruchsvoll
- harmoniebetont
- näheorientiert
- ichbezogen ist.”
So war es gestern auf dem Blog für korrekte Klamotten zu lesen, die Anmerkung „Da sind wir ja mal alle ganz gespannt was da noch so rauskommt…“ vermittelt eine gewisse Befremdung, die sich bei Adjektiven wie „naturromantisch“ und „unpolitisch“ auch schnell einstellt: Ist dies eine Studie über die Wandervogelbewegung des letzten Jahrhunderts?
Das Label „unpolitisch“ besagt im übrigen nicht viel, es würde sogar drei Vierteln der aktiven Politiker gut stehen, wenn sie von Betroffenheit, Zerrissenheit und Wahrung nationaler Interessen reden: Politisch und doch auch unpolitisch, „ichbezogen“ und wenig auf die Polis bedacht.
Unpolitisch in dem Sinne, dass man das Gefühl hat, „die da oben machen ja doch, was sie wollen“ und man nur die Wahl zwischen Pest und Cholera hat sind schließlich sehr große Bereiche der Gesellschaft.
Die Kaste der Politiker hat sich von der Gesellschaft abisoliert und bewegt sich auf einem eigenen Parkett, oder im eigenen Sumpf. Der mangelnde Dialog von Politik und Gesellschaft belegt dies.
Andererseits vermitteln die Reaktionen der PolitikerInnen, gerade in Krisenzeiten, dass im politischen Machtkampf auch nur normale Menschen agieren, und manchmal gelingt es, einen Blick hinter die Fassade zu tun, und wenn die Illusion, in der Volks-Vertretung auch eine politische Führung zu haben, platzt, kann sich manches ändern:
Es ist denkbar, dass Kreise, die unpolitisch erscheinen, auch „wider Willen“ zu politisch bewusst denkenden Menschen werden.
Was man – als Blogger – sofort haben kann, ist die „digitale Vernetzung„, die praktische Anwendung von Hypertext, wie Michael Wenzel noch einmal prägnant ausführt:
Einen Tipp zum Thema Vernetzung hätte ich noch, der zumindest für die Blogger hilfreich ist. Es ist nicht immer gleich notwendig nach spezielle Social-Networking-Sites zu rufen. Ein probates Mittel sind auch Links in den Artikel zu anderen Blogs. Damit verhilft man dem Leser evtl. zu Informationsquellen, die er u.U. noch nicht kennt, das verlinkte Blog, besser gesagt dessen Autor, wird auf den Artikel aufmerksam und, sofern vorhanden, werden durch den Trackback wieder weitere Leser auf den eigenen Artikel aufmerksam. Ich verspreche, es tut auch nicht weh! Offensichtlich ist es technisch kein Problem, denn die Verlinkung eigener Artikel klappt ja bei den meisten ganz gut.
Nehmen wir also als abschließende Frage, was Hans Langenhahn auf dem Kaffee-Blog so formuliert hat:
Steht LOHAS auf tönernen Füssen oder ist doch mehr Nachhaltigkeits-Substanz vorhanden?
Nachtrag: Ein TAZ-Artikel zu der Studie
Wollen nur Win-Win-Situationen
Die Öko-Egoisten
Eine neue Studie über den grünen Lebensstil kommt zu ernüchternden Ergebnissen: Umweltbewusst angehauchte Menschen seien unpolitisch, ichbezogen und unsexy. Was nun? VON PETER UNFRIED
… Letztlich sagt die Studie, dass es sich bei den potenziellen Neogrünen um unpolitische, ichbezogene, bequeme Menschen handelt.
Grund zur Resignation? Gar nicht, sagt Stratum-Geschäftsführer Richard Häusler. Er sitzt in Berlin-Friedrichshain und arbeitet daran, klassischen Ökos aus Umweltverbänden die potenzielle neue Kundschaft so zu erklären, dass die sie für ihre grüne Sache gewinnen können. Es gehe darum, den Alt-Ökos „beizubringen, sich stärker an den Bedürfnissen der Lohas auszurichten“. Also wird er ihnen sagen: „Überfrachtet die Leute nicht mit euren Vorstellungen von Öko-Aufklärung. Geht mit dem um, was da ist.“ Und wenn die sagen: Ist das nicht zu wenig? Tja, sagt Häusler, der nächste Schritt sei nun: „Wie kann man das neue Wissen nutzen, um trotzdem was zu bewegen?“ Daran wird jetzt weitergearbeitet.
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Artikel: Lohas, Nachhaltigkeit, Politik
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