Nachwort
Mit der Else ist kein Staat zu machen, kein Krieg zu gewinnen. "Einer
ist immer der Dumme"; diese Assoziation hatte ich kürzlich,
fünf Jahre nach "Abschluss" der Arbeit an diesem Märchen
- und das Bedürfnis, noch ein Nachwort hinzuzufügen.
"Sie ist krank", denke ich weiter, "unglaublich ängstlich",
und "es kann kein Zufall sein, von ihr im Präsens zu reden".
"Wir halten sie nicht auf" war die Einstellung der Dorfbewohner
ihr gegenüber, gleichbedeutend mit "Laßt sie gehen",
was einen Tenor von "Der ist nicht zu helfen" hat.
Helfen allerdings hätte bedeutet, mit dem Schreckgespenst von
der Kreuzhacke aufzuräumen, statt darüber zu jammern, Else
zu fragen, was sie will, statt zu sagen: "Man muss nehmen, was
kommt", einmal selbst zu laufen, als sie zu schicken - ihr war
durchaus zu helfen.
Hinter dem scheinbaren Fatalismus steckt etwas Anderes.
"Das ist keine kluge Else, sondern eine dumme Gans", sagte
eine Bekannte, die selbst nicht frei von der Unart ist, den Teufel an
die Wand zu malen.
"Dumm wird man nicht geboren, dumm wird man gemacht" heißt
es zwar, aber wer Else für dumm verkauft hat, wird nicht gefragt.
Eigenständiges Denken, Verstand und Vernunft sind nicht gefragt
in Systemen, die Sorgenkinder hervorbringen.
Auch, dass es im Englischen "else", "someone else",
also noch jemanden gibt, das deutet darauf hin, dass das Phänomen
so vereinzelt nicht ist. Else ist sonderbar, sonderbar gemacht worden,
und man hat sie ausgesondert. Irgendwann sind die Sonderfälle in
der Mehrheit, und niemand glaubt es, weil - sonderbar - auch die Sonderfälle
dazu neigen, Andere auszugrenzen.
Märchen sollten eigentlich nicht gelesen, sondern vorgelesen,
besser erzählt werden. Diese Eigenheit der Märchen schlägt
selbst bei einem Text über ein Märchen noch durch.
Die vorstehende Interpretation wird nicht in berauschender Häufigkeit
aufgerufen, und, deutlich aus den Logfiles abzulesen, nur in einem Viertel
der Aufrufe zu Ende gelesen.
Nicht der Text ist uninteressant, ihn zu lesen ist mühsam. Ich
würde ihn gerne "vertonen" und am liebsten durch den
Äther schicken.
Wer hätte gedacht, dass diese vielleicht doch leicht subversive
Erzählung von der Else den Wunsch erweckt, von ihr zu erzählen?
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