"Der Wille zum abnehmen", der (zu) schwache
Wille
Einige wollen abnehmen, und es klappt nicht so richtig. Das ist dann
eine Erfahrung, bei der man ins Grübeln, ins Zweifeln kommen kann.
"Fehlt mir etwa nur der richtige Wille, ist Abnehmen eine Willens-Sache,
der Erfolg vom Willen abhängig? Wer motiviert mich?"
Gibt es den "freien Willen", und wie kann ich den stärken?
Die Sache mit dem Willen ist nicht frei von Vorurteilen, der Gedanke
an den nötigen Willen ist nicht widerlegbar, und uns tausenfach
eingeimpft worden:
Manche Dünnbrettbohrer, die vom Abnehm-Willen erzählen,
wollen damit ihr eigenes Süppchen kochen.

" Abnehmen ist sicherlich einfacher als
viele Leute es sich vorstellen können, wichtig hierbei ist es vor allem
das die eigene Einstellung und der Willen zum Abnehmen vorhanden sind
und man sich dadurch viel Spaß und Freude mitbringt. ... wenn mich sich
von den unnötigen Pfunden befreit und mit einem Idealgewicht durch das
Leben läuft."
Das Süppchen ist dünn, und der abgenagte Knochen, der darin
schwimmt heißt in etwa:
"Du musst nur wollen, dann schaffst Du das"
Das kennt man doch. So stellten sich doch hilflose Helfer schon immer
"Motivation" vor.
Als sei "Wollen" und "Müssen" das Gleiche,
zudem: als sei "Wollen" ein magischer Akt, eine Anstrengung
des Gehirns, mit der ich z.B. berührungslos einen Schlüssel
in einem Schloss herumdrehen könnte. Oder ein Glas auf einem Tisch
herumschieben, durch bloßen Willen.
"Er könnte ja, wenn er nur wollte", äußerte
ein Lehrer über seinen Schüler, der sich zum Schulversager
entwickelte, und: "Du musst nur wollen" echoten die Eltern
in trauriger Verzweiflung. Von echtem Interesse an den Problemen des
Kindes war wenig zu spüren.
Entweder ich muss etwas (sein, tun, haben), oder ich will etwas - beides
zusammen kann vorkommen, aber mein Wille ist mein Wille. Bis
aus der Einsicht in eine Notwendigkeit ein Wille entsteht, das braucht
ein paar Schritte.
Der Wille zur Macht
Greifen wir zu stärkeren Geschützen:
Der Wille ist nicht allein, sondern immer bezieht sich das Wollen auf
etwas.
Man will etwas bestimmtes, eine Sache, ein Ding, eine Form - oder auch
etwas abstraktes:
Macht, zum Beispiel. Herrschaft: Man will sich - zum Beispiel
bei den Mahlzeiten - beherrschen.
Schön wäre es manchmal, wir hätten den "Reinen
Willen", den unverfälschten, ungetrübten, klaren, strahlenden
Willen, und der würde uns leiten.
Aber: Neben dem Willen gibt es störende Tendenzen.
Trotz
Ein Kind will zum Beispiel (scheinbar?) auf dem Weg zum Einkaufen dem
Bagger auf der Baustelle zuschauen, bleibt stehen, geht nicht weiter;
Jedenfalls will es nicht einkaufen-gehen. Es scheint sich hierbei
um Trotz zu handeln. Der
Trotz ist eine Vorstufe des freien Willens, aber gegen einen anderen
Willen, gegen "das Sollen" gerichtet, nicht "frei".
Der Trotz ist auf einer bestimmten Stufe notwendig, aber es wird prekär,
wenn es beim Trotz bleibt.
Der Wille zur Ohnmacht
Auch, wer sich anlehnen will, sich führen lassen will, praktiziert
den freien Willen nicht gerade in Reinform.
Der hat auf den eigenen Willen schon verzichtet, lässt sich sagen,
wo es langgeht, leistet sich diese Schwäche, nicht sich selbst
zu bestimmen.
Nietzsche hat wohl mehr nachgedacht als wir alle zusammen; er
nannte diese Einstellung den "Willen zur Ohnmacht".
Nach Nietzsche, der auch einmal schwach werden konnte, gäbe es
also eine "selbstgewollte Schwäche" ...
Bei einem Schaf wird man auch nicht viel freien Willen erwarten - das
wäre auch auch für den Schäfer recht unpraktisch, und
in der Geschichte unserer Gesellschaft war die Aufgabe der Kirche, ihre
Schäfchen ins Himmelreich zu führen, Grund genug, den braven,
folgsamen Untertan als Erziehungsziel zu setzen.
Wer in der Folge einen eigenen Willen entwickelt, will etwas eigenes
bewirken, will "sich durchsetzen" auch gegen Widerstände
- das ist auch mit einem Willen zur Macht verbunden. Gesellschaftlich
gesehen, wird man sich diese Macht mit anderen teilen müssen; da
wir in einer Demokratie leben, geht die Macht vom Volke aus - und wer,
bitteschön, ist das Volk?
Betrachten wir noch einmal, mit Nietzsche, das Wesen der Macht:
"Der "Wille zur Macht" ist ein Affront gegen den "Willen zur Ohnmacht",
d.h. gegen ein Schutz-suchen-Wollen in christlich geheiligter
Schwäche.
Wer diesen geheiligten Willen zur Ohnmacht predigt, der muss natürlich
seinen eigenen Trieb nach Überlegenheit und Überwältigung leugnen -
was für Nietzsche zum Grundmuster der heuchlerischen Moral gehört -
und das Leben als Ganzes verkennen." (Seite
über Nietzsche)
Wir sind also bei dem großen Problem, das sich der erfolgreichen
Diät offenbar allzu oft entgegenstellt, angelangt, und es heißt:
Der schwache Wille
Nietzsche hat zwar nicht vom "schwachen Willen" gesprochen,
sondern von der "Geheiligten Schwäche oder Ohnmacht",
aber unsere Übersetzung dürfte wohl zulässig sein. Er
meinte auch sicherlich nicht die hemmenden Einflüsse des Trotzes
(den wir obben separat beprochen haben), wenn er vom unzureichend entwickelten
Willen (Eigensinn?) sprach. Wir könnten auch bei dem starken Nietzsche-Wort
vom "Wilen zur Ohnmacht" bleiben, jetzt, da wir verstanden
haben, worum es ihm ging, aber der Ausdruck vom "schwachen Wilen"
ist nun einmal geläufiger.
Der schwache Wille ist also nach Nietzsche als Verleugnung des Triebes
zur Herrschaft zu vestehen. Wer sich an seine Tendenz, sich wie ein
Schaf führen zu lassen und sagen zu lassen, wo und was gefressen
wird, ist vielleicht entsetzt bei der Mitteilung: "Da gibt es auch
noch einen Willen zur Macht".
Der schwache Wille kommt zustande, wo der starke Wille geleugnet wird.
Das ist auch für Nicht-Philosophen noch nachvollziehbar. Der Gedanke
an die Gleichberechtigung der Menschen schließt den Gedanken der
Beherrschung nicht aus - und sei es als Selbst-Beherrschung, und "Souveränität"
im eigenen Bereich ist etwas anderes als unbeherrscht-sein.
Wo der Verzicht auf Eigenständigkeit gepredigt wird, setzt die
Verdrängung (Verleugnung) ein, wo gelogen wird, hat die Wahrheit
schlechte Karten.

Unüberlegt und
abhängig
Da es den Willen, zu wollen, nicht geben kann, kommen wir zum Willen,
den wir brauchen: Hier hat die Forschung gezeigt, dass es bei Diäten
auf den Willen, durchzuhalten, ankommt.
Der simple Vergleich mit einem längeren Marsch zeigt auch, dass
die Stärke des Willens zweitrangig gegenüber der nötigen
Konstitution und Fitness ist. Und wer für einen langen Marsch noch
nicht so fit ist, muss wohl mit kleineren Etappen anfangen, und üben,
üben, üben ... .
Die Freude, "... wenn mich sich von den unnötigen Pfunden befreit
und mit einem Idealgewicht durch das Leben läuft", wird uns noch
einmal alle belohnen.
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