Zu viel Appetit
Eine Empfindung, die unser Essverhalten regulieren könnte
Das lateinische 'appettitus' könnte mit "Verlangen"
übersetzt werden, wurde auf die Verwendung als "Esslust"
beschränkt, und wurde lange nur verbunden, etwa als "Appetit
(zu) der Speiß" verwandt. Von 1575 stammt der Satz "Der
Gelust und Appetit kommpt allweil man jßt". "Der Appetit
kommt beim Essen" - das sagt man heute noch, gelegentlich auch
im übertragenen Sinne.
Eigentlich besitzen wir ein perfekt funktionierendes
System zur Steuerung der Energieaufnahme – den Appetit. Ein spezifischer
Hunger nach einer Geschmacksrichtung - übersetztzbar als "Lust
auf Süßes/saures/salziges - selten Bitteres. Der Appetit kann uns auch
bei der Auswahl der Speisen helfen, deren Inhaltsstoffe wir gerade brauchen,
denn Nahrung ist nicht nur Energie - wir könnten uns nicht ausschließlich
von Zucker ernähren.
Deshalb verspürt man auch nicht immer auf das Gleiche
Appetit. Diese Regulation müsste bei allen Menschen vorhanden sein.
Wer wenig Magensäure hat, greift zu Essig, rachitische Kinder nehmen
freiwillig Lebertran, solange nötig, die Vitaminzufuhr reguliert sich
durch die passende Wahl der Nahrungsmittel. Und der Hunger hört dann
auf, wenn wir satt sind - Resultat: Normalgewicht, Idealgewicht - nur
durch das "Essen mit dem Appetit". Ausnahme: Du hast "richtig"
Hunger und isst einen Apfel, weil das ja immer gut ist: Der Appetit
auf etwas Anderes bleibt.
So weit die Theorie, die bei einem großen Teil der Bevölkerung
nicht funktioniert.
Gerade Übergewichtige haben zuviel Appetit und gleichen zu Viel nicht
durch Weniger aus - die Appetitregulierung ist gestört, der Appetit
verwirrt.
gesteigerter Appetit und undefinierter Geschmack
Wir können für dieses Durcheinander und für die ungesunde
Appetitsteigerung Nahrungszusätze (Süßstoffe, Aromastoffe,
Geschmacksverstärker, Mittel zur Veränderung der Konsistenz, die eine
appetitanregende Wirkung besitzen) verantwortlich machen.
Dass industriell hergestellte Nahrung wenig mit dem Urzustand der Lebensmittel
zu tun hat, die im Verarbeitungsprozess mehrfach erhitzt, gefiltert,
gemahlen, gesiebt usw. werden - letztlich fast schon vorgekaut sind,
könnte seinen Beitrag zur Appetitsteigerung leisten.
Wer mit verbundenen Augen Fertigyoghurt probiert, wird selten die Geschmacksrichtung
bestimmen können. Eigentlich ist das Produkt undefinierbar - zum Ausgleich
finden wir auf der Verpackung Hochglanzbilder der zuzuordnenden Obstsorten.
Der Geschmack wird vorgegaukelt. Das Auge isst mit.
Die Zugabe von Sahne wird so lange als Verfeinerung propagiert,
bis der Esser daran glaubt. Es gibt Cornflakespackungen, auf denen Ratespiele
abgedruckt sind - so wird vom eigentlichen Essen abgelenkt. Man kann
das Spiel noch weiter treiben und sich beim Essen der einen Speise vorstellen,
es sei eine andere - auch das funktioniert.
Reduktionsdiäten können den Appetit enorm steigern. Werbung
weckt, steigert und lenkt ihn. Bewegungsarmut führt zu einem unspezifischen
Appetit.
Da hilft nur noch: Selbst kochen. Und anschließend:
gesteigerte Begehrlichkeit - nicht nur beim Essen
Wir können auch Appetit und Begehren gleichsetzen - das
Begehren, diese mit starken Wünschen besetzte Erwartung - schwindet
mit dem Besitz: Was man nicht hat, will man, was man hat, will man nicht.
Das ist aber ein Sonderfall, chronische Begehrlichkeit, die nicht würdigen
kann, was vorhanden. ist.
Abwechslung steigert den Appetit beim Essen. Alkohol
steigert den Appetit und sättigt nicht. Hier gilt seit jeher die Regel:
Mund und Füße sollen dem Geist gehorchen.
Es gibt die vorgeschobene Appetitlosigkeit, aus
der Annahme, das Gegenüber denke (abgestoßen) sowieso, dass man nur
das Essen im Kopf habe.
Es gibt Hunger oder Appetit auf Bildung, aber bei (Prüfungs-)Angst entsteht
Appetitverlust.
Appetit gilt als Anzeichen von Gesundheit und Angstfreiheit
- der "gesunde Appetit". Wozu brauchen wir "Appetitanreger"?
Verminderter Appetit kann Anzeichen einer Depression
sein, und nicht alles, was (dann vermehrt) auf den Tisch kommt, ist
appetitlich.
Wer lustlos auf dem Teller herumstochert, hat keinen
Appetit.
Und hier noch eine Anregung, die uns per e-mail erreicht hat:
Auch wenn man so viel
Obst, Gemüse und Salat essen
kann wie man will, macht das nicht. Esst nicht so viel bis Ihr richtig
satt seid. Esst so viel bis Ihr gerade satt seid, und dann vielleicht
noch einen kleinen Happen. Also nicht: Essen bis man keinen Appetit
mehr hat! Denn der Magen muss sich auch mit der Zeit verkleinern, |
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damit später das Hungergefühl eher
einsetzt. Man muss lernen, Hunger und Appetit zu unterscheiden.
Und wenn man Abends noch Hunger hat, einfach einen Apfel essen.
Und wenn man Äpfel nicht mehr sehen kann, kann man auch mal um
21:00 Uhr schon ins Bett gehen. Hab ich auch des öfteren gemacht.
Ist zwar blöd, aber von nichts kommt nichts.
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