Gewichtsprobleme
Mein Gewicht ist höher als das Normalgewicht, und das ist schon lange
so. Ein "unglückliches Bewusstsein" darüber kenne ich seit der Kindheit
- dass ein schlanker Körper attraktiver als ein dicker ist, wurde mir
früh klar. Bis sich daraus der Wunsch, mich zu ändern, entwickelte,
dauerte jedoch lange. Ich unternahm viele Versuche, abzunehmen. Diese
Versuche waren meist weniger erfolgreich, die "Diäten" kaum durchzuhalten
oder sonstige Verlockungen zu groß. Oder die alten Gewohnheiten waren
zu stark: Man isst ja auch gerne gemeinsam. Im langfristigen Durchschnitt
nahm ich nicht ab, sondern zu.
Die ewig gleichen Ratschläge
Die guten Ratschläge aus der Umwelt, z.B. "Du brauchst einfach mehr
Selbstdisziplin" nervten ebenso wie pauschale Vorwürfe: "Du bist ja
auch selbst schuld, wenn ...". Absolut häufig wird noch immer ein Motto
mit drei Buchstaben genannt: "FDH". Auch das ist ärgerlich, weil der
Spruch "friss die Hälfte" sachlich falsch ist und die Menschenwürde
verletzt: Das Tier frisst, der Mensch isst. Also verkürzte ich den Spruch,
übersetzte ihn persiflierend ins Hessische und eröffnete 1999 die Internetseite
www.fressnet.de. Es ging um einen Ausweg aus dem Diätendschungel,
nicht um die glückbringende Lösung, allenfalls um Anregungen.
Davon nahm ich auch nicht ab, wurde jetzt aber von manchen Lesern gefragt,
worin denn das Geheimnis erfolgreichen Abnehmens bestehe. Die Hausärztin,
die keinerlei Gewichtsprobleme hat, hatte ja geraten, die Ernährung
umzustellen und gegebenenfalls die Portionen zu verkleinern.
Nur eine Frage der Ernährung?
Dass bei einer vollwertigen Ernährung und einem sinnvollen Maß an
Bewegung Untergewichtige zu- und Übergewichtige abnehmen, konnte ich
bei einer Kur mit eigenen Augen sehen und auch selbst erfahren. Wieder
zu Hause, konnte ich das Gewicht immerhin im Großen und Ganzen halten;
um weiter abzunehmen, brauchte es aber weitere Hilfen.
Mit der konsequent richtigen Nahrung scheint zwar das Problems gelöst;
Die zweite Seite der Medaille ist jedoch, dass das Essen oft genug zur
Entlastung beiträgt und "einfach" zu gut schmeckt. Unterschiedliche
Probleme, Konflikte und Belastungen wirken tagtäglich auf uns ein. Das
Tagesgeschehen kann (zu) hohe Anforderungen und Belastungen im beruflichen
und privaten Bereich mit sich bringen; von der Arbeitslosigkeit bis
zur Beziehungskrise ist alles möglich.
psychische Belastungen
Wenn in diesem Zusammenhang aktuelle Abhängigkeiten oder Kränkungen
aus der Kindheit aufbrechen, verschlimmert die Situation sich nochmals,
kann der vernünftige Umgang mit dem Essen in weite Ferne rücken. An
diesem Punkt müssen wir das Übergewicht als ernstes Problem anerkennen
und allzu beliebte Sprüche wie "Bin nur zu klein für mein Gewicht" als
bloße Phrase sehen.
Wer, von einem gewissen Gewicht aus, langfristig erfolgreich abgenommen
hat, oder dies je versucht hat, weiß es, dass Abnehmen Schwerstarbeit
ist. Bildlich gesehen hat, wer abnehmen will, einen weiten Weg vor sich,
auf dem gewisse "Diätfallen" noch die leichtesten Hürden sind. Nicht
immer gibt es den "festen Entschluss" und Willen, sich auf diesen Weg
zu begeben. Es gibt auch keine feste Regel, ob ich diesen Weg alleine
zu gehen habe, oder ob Andere mitkommen.
Selbsthilfegruppen bei Essstörungen?
Für viele Krankheiten gibt es Selbsthilfegruppen, aber selten bei Essstörungen
(Wenn manche Experten den Begriff "Essstörung" dem Phänomen vorbehalten,
das im Struwelpeter vom Suppenkasper vorgestellt wurde, führt das nur
zu sprachlichen Missverständnissen).
Der Weg zum Wunschgewicht?
Der ungesunde Umgang mit der Nahrung ist so "normal", dass die Krankheit
nicht bewusst wird. Dabei wird das Wunschgewicht einerseits heiß ersehnt,
fristet andererseits ein Schattendasein, wenn es mit zunehmender Erfahrung
als unrealistisch abgetan wird: "Da kann man nichts machen".
Das ist jedoch eine sehr pessimistische Haltung, eine zu pessimistische
Denkweise. Es geht doch "nur" darum, mehr Fortschritte als Rückschritte
zu verzeichnen, und hierbei nicht die Orientierung zu verlieren.
Die Idee, dass bei Essproblemen eine Selbsthilfegruppe helfen könnte,
liegt auf der Hand. Wenn man mit seinem Problem nicht mehr alleine dasteht,
ist das auch schon eine Entlastung. Wenn andere abnehmen können, kann
ich das auch. Wir sind lernfähig.
Artikel:
Selbsthilfegruppe gründen
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