Diät und mehr

Interessiert, an einer Selbsthilfefgruppe teilzunehmen?
Wenn Aufklärung nicht zur Vorsorge wird, muss sie zur Nachsorge werden
   

Vorbeugen musst Du!

Kauft man sich die Elite des deutschen Zeitungswesens, hat man seinen ZEITvertreib. 2005, am 22. September, unter der Rubrik WISSEN, Wissen großgeschrieben, gab es Gedanken und Fakten von Jochen Paulus, zur Wirksamkeit, nicht zur Wirkungsweise von gesundheitlichen Aufklärungskampagnen.

In den 80-er Jahren wollte das ZDF sich in der Aufklärung zum Thema Selbstmord versuchen. Jede Folge der Serie Tod eines Schülers zeigte im Vorspann, wie sich die Titelfigur vor einen Zug warf.
Deutlich stieg in den folgenden Wochen die Zahl der Eisenbahnsuizide an, bei älteren Schüern um 175 Prozent.

Ganz anders als geplant wirkt wahrscheinlich auch die klassische Drogenaufklärung. "Regt es die Schüler nicht zum Probieren an, wenn ein Polizist mit Musterkoffer ihnen die faszinierenden Substanzen vorstellt?"

wie willst du morgen arbeiten?

Als Beleg für die Vergeblichkeit staatlicher Aufklärungskampagnen diente dieses Plakat von 1968, heute im Deutschen Hygiene-Museum. Nach sechs Flaschen Bier ist der junge Mann blau. Wie es zum Absturz gekommen ist, erzählt das Bild nicht, und nichts von alternativen Handlungsmöglichkeiten. Hat er zwei, vier oder sechs Flaschen über den Durst getrunken, gibt es ein erläuterndes Begleitschreiben zum Aufklärungsplakat? Was ist, wenn die Kollegen sich über die, die nichts vertragen, lustig machen?
Die Kampagne kommt mit dem moralischen Zeigefinger, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Vielleicht hat der Graphiker sein eigenes Problem dargestellt und sein eigenes Über-Ich gestärkt.
Der junge Mann auf dem Plakat müsste sich rechtfertigen oder nüchtern bleiben, um dem Vorwurf, ein assoziales Subjekt zu sein, zu entgehen.
Er ist ja auch als abschreckendes Beispiel gedacht, und die Problematik keineswegs abwegig. Wie es ihm warum geht, wie er sich fühlt, welche ungelösten Probleme er hat, das kann er auch keinem Printmedium erzählen.

Wer Plakate aufhängt oder Broschüren verteilt, muss auch als Anprechpartner zur Verfügung stehen und sich für seine "Zielgruppe" aktiv interessieren.

 

Fernsehspots und Broschüren sind schnell verteilt - wirkungslos, wenn sie die entscheidenden Probleme ignorieren. So berührt die AIDS-Problematik verbreitete Tabus, und bei den eher "dilettantischen" Kampagnen stellt sich die Frage: "Heben diese auf die entscheidenden Punkte ab, etwa das Reden mit dem Partner über Kondome? Die Qualität aller Aufklärungsschriften erwies sich als ... schlecht."

Kampagnen, die etwa den "erschreckend hohen Konsum von Alkohol und Zigaretten beklagen" scheinen bei der Zielgruppe eher das Mitläufertum, die Identifikation mit der Masse, zu fördern.
Zudem werden gut gemeinte von kommerziellen Kampagnen unterlaufen, die an der Risikobereitschaft und der Lust auf Neues/Verbotenes ansetzen. Die Verlockung und Verführung geht scheinbar vom Produkt, etwa den Zigaretten aus, die eigentlichen Wünsche bleiben klammheimlich und unbefriedigt, doch die Droge verändert die Wahrnehmung.

Prävention ist kompliziert. Zahlreiche kurzfristige Studien zu Vorbeugungsprogrammen lassen folgende Regeln erkennen:

Die Leute wissen längt Bescheid, reine Information ändert kein Verhalten
interaktive Programme, etwa mit Rollenspielen, sind besser
Prävention sollte früh einsetzen und und langfristig angelegt werden
optimale Programme setzen synchron in Schule, Elternhaus und Gemeinde an.

MassbandFür unsere Problematik, das Übergewicht, dürfte das Gleiche gelten. Wr wissen natürlich nicht, warum unser Klientel, wenn es denn wirklich schon längst Bescheid weiß, sich immer wieder mehr schlecht als recht ernährt.


Mit der besten Vorbeugung ist Vielen nicht mehr zu helfen. "Die Feuerwehr löscht - vorbeugen musst du" - so lautete einmal ein einprägsamer Slogan. Und doch wird noch so mancher Adventskranz in Flammen gesetzt: Zu schleichend setzt das Übergewicht ein.

Widersprüche finden wir in der Prävention wie im allgemeinen Lebensstil: Sport soll gesund erhalten, wird aber von der Werbung für flüssiges Brot, das nicht satt macht, gesponsort. Braune Limonade gilt als olympische Getränk. Sportvereine scheinen nicht in der Lage, einen vollwertigen Imbiss anzubieten. Womit löscht die Feuerwehr ihren Durst?

Damit soll nichts gegen die Feuerwehr gesagt werden - auf die ist Verlass. Nur wünscht sich der mündige Bürger, wenn seine persönliche Vorbeugung nicht gefruchtet hat, eine helfende Notfallnummer.

 


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