|
|
|
Die Fast-Food-Kette McDonald`s Corp. hat am 15.4.2004
eine "Bildungskampagne gegen Fettleibigkeit" gestartet, in
der sie für "Bewegung und ausgewogene Lebensweise" eintritt.
Am 09.06.2004 hat die deutsche Verbaucherschutzministerin eine neue
"Ernährungsbewegung" bzw. "Kampagne gegen Fettleibigkeit"
angekündigt. Sie will "neue Lebensmittel und neue Essgewohnheiten",
sagte aber nicht, was die Aktion kosten darf.
Schon in Schulen und Kindergärten solle eine gute Zubereitung
von Nahrung gelehrt werden. Die Bundesministerin erklärte, jedes
fünfte Kind, jeder dritte Jugendliche sei inzwischen übergewichtig,
sieben bis acht Prozent seien fettleibig, von den Erwachsenen seien
mehr Männer als Frauen betroffen; Folgekosten: 71 Milliarden Euro
jährlich mindestens; ein Drittel der gesamten "Gesundheitskosten".
(Im Zusammenhang mit Übergewicht auch die Entwicklung der Diabestes-Häufigkeit;
am 20.11.03 schreibt C. Schüddelkopf in der ZEIT: "Die Diabetes-Häufigkeit
darf man getrost eine Lawine nennen, die ... dabei ist, das gesamte
Gesundheitssystem unter sich zu begraben.")
Bereits Ende Juni soll die von Renate Künast (Grüne) geplante
Plattform "Ernährung und Bewegung" als Verein gegründet werden.
Wissenschaftliche Einrichtungen, Ärzte, Vereine und die Bundesländer
sollen nun vernetzt werden, so die Ankündigung. Mitglieder des
Vereins sollen außer dem Bund die Ernährungswirtschaft sowie Sportorganisationen
sein.
Keine Anfrage, eine Mitgliedschaft betreffend, erging bisher an Fressnet.de.
Nicht dabei sind auch die Krankenkassen, die sich in der Präventionsstiftung
engagieren.
Z.B. bei der AOK ist man dafür, Prävention an "konzenttierten
Gesundheitszielen" auszurichten und "gesamtgesellschaftlich"
umzusetzen, so dass Projekte in Kindergärten und Schulen, wo gerade
sozial Benachteiligte gut erreicht werden könnten, systematisch und
nachhaltig gefördert werden.
Wir bei Fressnet.de freuen uns, dass die deutsche Politik das Problem
angeht.
Das politische Bewusstsein für unser Problem zeigte sich bereits
im März 2004:
hib-Meldung071/2004 Stand: 16.03.2004
Ursachen für Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen benennen
Verbraucherschutz/Kleine Anfrage Berlin: (hib/VOM)
Übergewicht ist die häufigste ernährungsmitbedingte Gesundheitsstörung
bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Dies stellt die CDU/CSU-Fraktion
in einer Kleinen Anfrage (15/2696) fest. Jedes fünfte Kind und jeder
dritte Jugendliche seien übergewichtig. Die Folge seien ein steigendes
Risiko für Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychosoziale
Probleme bei vielen betroffen Kindern und Jugendlichen. Die Fraktion
will von der Regierung im Einzelnen wissen,
- wie hoch die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland
ist und
- wie hoch die Regierung die daraus entstehenden Folgekosten für das
Gesundheitswesen schätzt.
- welche wesentlichen Gründen für das Übergewicht es gibt,
- ob es ein "integriertes Gesamtkonzept" gibt, um dem Problem entgegenzuwirken.
- wie hoch die derzeitigen Ausgaben der Lebensmittelwirtschaft für Ernährungsinformationen
sind
- welche zusätzlichen Publikationen die Gesundheitserziehung in der
Schule fördern.
- Welche Rolle der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die
bundesweite Kampagnen einleiten und die Effektivität der Aufklärung
verstärken soll, spielt.
Darüber hinaus erkundigt sich die Fraktion nach den konkreten Vorstellungen
der Regierung über die Bildung eines Fonds aus Mitteln der lebensmittelherstellenden
Industrie.
Unter anderem möchten die Parlamentarier auch erfahren, ob es derzeit
gesetzlich erlaubt ist, etwa bei Fast-Food den Nahrungsmitteln Stoffe
zuzusetzen, die bewirken, dass das Hungergefühl schneller als üblich
wiederkommt.
Schließlich interessiert die Fraktion, welche Vorsorgemaßnahmen das
Gesundheitssystem vorsieht, um Übergewichtigkeit bei Kindern in einem
frühen Stadium zu erkennen.
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2004/2004_071/04
Stand: 22.04.2004 [ zurück ] [ Übersicht ] [ weiter ]
Veränderte Lebensumstände verantwortlich für Übergewicht bei Kindern
Verbraucherschutz/Antwort Berlin: (hib/SAS) Auf
- Übergewicht bei den Eltern,
- ein niedriges Geburtsgewicht,
- mütterliches Rauchen in der Schwangerschaft,
- kurze Stillzeiten sowie
- biologische Ursachen
führt die Bundesregierung die häufige Gewichtszunahme im Kindesalter
zurück. Wie sie in ihrer Antwort (15/2916) auf eine Kleine Anfrage (15/2696)
der CDU/CSU-Fraktion erklärt, besteht auch ein Zusammenhang zwischen
der sozialen Schicht und der Entwicklung von Übergewicht. Unter Berufung
auf Daten der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter
(AGA) macht die Regierung darauf aufmerksam, dass jedes sechste Kind
übergewichtig ist und bei sieben bis acht Prozent aller Kinder und Jugendlichen
eine Fettsucht vorliege. Hinweise darauf, dass eine Zunahme des Körpergewichts
und der Körpergröße hauptsächlich in der ersten Hälfte der neunziger
Jahre stattgefunden habe, gäben regionale Vergleichsuntersuchungen.
So sind etwa die 1999 im Land Brandenburg untersuchten sechs- und 16-jährigen
Kinder und Jugendlichen zumeist schwerer und größer als vor zehn Jahren.
Vier Aktionen zur Verbesserung der Ernährungsaufklärung biete das Bundesverbraucherschutzministerium
zurzeit an .Darunter fallen etwa die Verbesserung des Verpflegungsangebotes
an Ganztagsschulen sowie die Ernährungsinformation in Tageseinrichtungen
für Kinder durch die Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2004/2004
Wenn die Kampagne greift, ist alles gut. Die
zu Grunde liegende Darstellung der Ursachen des Problems erscheint jedoch
eher laienhaft. Also sollten wir alle noch einmal über einen alternativen
Lösungsansatz nachdenken. Es ist ja nicht sinnvoll, erst zuviel
zu fressen und dann noch von der Politik Kampagnen vorgesetzt zu bekommen.
Wahrscheinlich werden unsere Probleme von
diesen Kampagnen nicht gelöst, unsere Bedürfnisse - wenn überhaupt
- von diesen Kampagnen, die uns wieder einmal in die double-bind Zwickmühle
("Ihr müsst doch nur abnehmen wollen, seid für euer Schicksal
selbst verantwortlich, müsst nur dem Weg, den wir euch zeigen,
folgen") nehmen, nicht befriedigt. Höchstwahrscheinlich verpuffen
diese Kampagnen zu ca. 95%, sind also ein Schuss in den Ofen.
Die Diätkampagnen wechseln wie die Moden:
„Die Diät-Revolution – das Geheimnis von Fett und Kohlenhydraten“,
hat der FOCUS vom 14. Juni 2004 getitelt; es gebe neue Erkenntnisse
in der Ernährungslehre, und in USA habe man herausgefunden, dass „Fett“
nicht nur schlecht sei und dass „Kohlenhydrate“ auch dick machen.
Eine Reihe von Diäten, die in Amerika propagiert werden, gleichen der
(un)guten alten Atkins-Diät; unter dem Stichwort „Low Carb“ (wenig Kohlenhydrate)
segeln die „South Beach“ -Diät und die „LOGI“ -Diät (LOGI = Low Glycemic
Index).
Dabei geht es vor allem darum, bei den Kohlenhydraten nicht nur auf
die Menge zu achten, sondern auch auf die Art der „Raffinesse“: Zucker
und weisses Brot veranlassen den Körper, viel Insulin zu produzieren,
dieses ist verantwortlich dafür, dass Energie, die mit der Nahrung aufgenommen
und nicht durch körperliche Arbeit verbraucht wird, direkt in die Fettspeicher
eingelagert wird.
Begründet wird die neue Lehre u.a. mit einer Analyse der Essgewohnheiten
der Neanderthaler (deren Gene auch heute noch weitgehend unseren Überlebensmechanismus
bestimmen): die Frühmenschen kannten weder raffinierten Zucker noch
aufbereitetes Getreide, auch keine Milchprodukte (die gab es erst, als
die Jäger und Sammler sesshaft wurden und Ackerbau zu betreiben begannen),
und in der Regel war das Fleisch, von dem sie sich zur Hauptsache ernährten,
nicht „fett“, da die Tiere auf freier Wildbahn gar nicht dazu kamen,
Speck anzusetzen… „65% der Nahrung unserer steinzeitlichen Vorfahren
war tierischen Ursprungs“, wird der amerikanische Ernährungsphysiologe
Loren Cordain zitiert.
Innerhalb kurzer Zeit wurde Amerika vom Low-Carb-Fieber erfasst, neue
Produkte mit wenig verdichteten Kohlehydraten kamen in den Handel, 200
neue Bücher verbreiteten die Theorie… aber in Deutschland stösst die
neue Lehre vom Verzicht auf Kohlenhydrate noch auf Skepsis.
Konsequente Low-Carb-Diäten können zu einseitiger Ernährung führen,
Langzeit-Erfahrungen gibt es noch nicht, vieles ist Spekulation. Befürchtet
wird zudem, dass ganz ohne Zucker auch das "Glückshormon"
Serotonin nicht mehr produziert würde, das ein gutes Sättigungsgefühl
vermittelt. Dementsprechend die Aussage einer Nestlé-Vertreterin: „Ohne
Nudeln, Brot und Kartoffeln würden wir wahrscheinlich depressiv.“
Das absurde ist, dass all die Spezialisten
genau wissen wollen, wie wir uns zu ernähren haben (und sich dabei
gegenseitig widersprechen, und dennoch alle überzeugt sind, die
Wahrheit gepachtet zu haben). Die Experten und Erbsenzähler haben
also alle die richtigen Rezepte, nur die Dicken sind zu dumm und widerspenstig,
sie amzuwenden.
Wer stellt eigentlich mal die Frage, welchen
anderen Hunger (oder Durst) viele Leute empfinden, den sie dann mit
Ersatz-Essen und -Trinken stillen, wer fragt also einmal ganz schlicht
und einfach, was all den Essgestörten wirklich fehlt?
| zurück | weiter |
|