Die
Mehrheit der Abnehmwilligen will zusammen mit der Familie abnehmen. Vernünftig,
weil das Problem Übergewicht sich in der Familie wiederholt. Doch das Ansinnen
stellt die familiäre Harmonie vor die Zerreißprobe.
Wahrheiten wie "Fett ist
ein unentbehrlicher Geschmacksträger" sollen jetzt nicht mehr gültig sein, Ketchup,
Mayonaise, Würzmischungen mit Appetitverstärker, dicke Saucen und Pommes
künftig tabu? Eher nicht.
Wir leben schließlich in einer Demokratie, da
hat die Mehrheit recht, und wer kocht und einkauft, bestimmt, was auf den Tisch
kommt. Der Abnehmkandidat lebt nicht als Robinson auf einer Insel, und ist unvermeidlich
mit den Auffassungen seiner Verwandtschaft konfrontiert. Verwandtschaftliche Bindungen
und unterschiedliche Auffassungen ergeben möglicherweise heftige Auseinandersetzungen,
und nur im Fall der Ehe ist die Aufhebung des Verwandtschaftsverhältnisses per
Scheidung möglich.
Die Umgebung reguliert Anerkennung, Wertschätzung,
Trost, Wohlfühlen über Fleischtopf und Krug. Wer abnehmen will, nehme sich also
selbst etwas zusammen, überwinde die mangelnde Willenskraft, verlange aber nicht,
dass sich im Umfeld etwas ändert außer symbolischen Konzessionen, etwa in Form
verschiedener Margarinesorten.
Von Generation zu Generation weitergereichte
Regeln stehen auf dem Spiel: "Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt, der leergegessene
Teller sorgt für gutes Wetter. Da Hausarbeit wenig anerkannt wird, gilt sie als
unangenehm, und so wird auch bei der Essenszubereitung Zeit eingespart. Halbfertigprodukte
sollen "selbst gekocht" suggerieren. Mit Liebe, also Butter und Sahne. Umstellung
der Ernährung? Der hinzugezogene Haus- und Familienarzt verschreibt womöglich
den medikamentösen Weg. Wer Pech hat, dessen Familie zieht nicht mit, dafür erteilt
sie den wohlgenervten Rat, sich doch zu disziplinieren und einmal wirklich etwas
für die Gesundheit zu tun, z.B. mit dem Rauchen aufzuhören, regelmäßig Sport zu
treiben, Naschen und Alkohol zu entsagen. Das sei doch dann schon mal ein Anfang,
die Ernährungsumstellung dann auch nicht mehr nötig.
Familiäre "Unterstützung"
bei der Umstellung der Ernährung bedeutet so die Rolle des Außenseiters, Gemeinsamkeit
stellt sich her bei den Traditionalisten, bei der Beibehaltung alter Zustände.
Oder kennen Sie eine andere Lösung?