Um die Überlegungen zum idealen Körper vorläufig abzuschliessen
(dass es sich hierbei mehr um erfundene als um reale Gestaltungen
handelt, ist deutlich) wollen wir noch auf verschiedene Sichtweisen,
die die Darstellung beeinflussen, hinweisen,
und besonders auf den Unterschied zwischen Malerei und Fotographie:
"Wir interessieren unds nicht sonderlich für das Auge der
Kamera, das einäugig ist, zyklopenhaft, mechanisch. Wenn wir bei
Turner feststellen, dass die Topographie ganz gezielt außer Kraft
gesetzt wurde, können wir sagen, dass sie von drei Linsen neu angeordnet
wurde: von binokluarem Sehvermögen und von der Vorstellungskraft.
Sollten Sie hier das Wort "Verzerrung" verwenden wollen, denken
Sie daran, dass Sie sich damit in den Bereich der Kunstpsychologie vorwagen.
Was wird verzerrt, und worauf zielt die Verzerrung ab? Auf das Ideal?
Davon weg? Können wir mit Bestimmtheit sagen, was das Ideal ist?
Wenn Raffael im Fleisch eines weiblichen Modells keinerlei Falten sieht,
Rembrandt hingegen nichts als Falten, wer von beiden verzerrt dann?
Es wird nötig sein, dass Sie Ihr Vokabular gründlich überprüfen."
(Wall, Alan, Die geheime Gesellschaft, München 1998, S. 86 f.)
Lucian Freud hat menschliche Körper dargestellt, die den Hochglanzidealen
in keinster Weise entsprechen. Vielleicht sollen diese Bilder - sichtlich
auch die Umsetzung einer Vorstellung - unsere Vorstellung erweitern,
und sei es auch nur um den Unterschied zwischen "model" und
"Modell".
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